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1. Einleitung *

2. Hauptteil *

2.1. Rechtliche Grundlagen der Thronfolge *

2.1.1. Geblütsheiligkeit *

2.1.2. Designation *

2.1.3. Wahl *

2.2. Die Wahl Friedrichs I. Barbarossa *

2.2.1. Die Nachfolgeregelung Konrad III. *

2.2.2. Geblütsrechtliche Einflüsse *

2.2.3. Die Thronerhebungsakte bei der Wahl von Friedrich I. Barbarossa *

2.3. Die Wahl Heinrich VI. *

3. Fazit *

 

 

1. Einleitung

Eines der Hauptfelder deutscher Verfassungsgeschichte im Mittelalter findet man im Problem der Herrschererhebung. In der Frage der Königswahl konzentriert sich die Problematik des gesamten mittelalterlichen Staatswesens und findet dort einen Höhepunkt.

Die Zumessung eines solch hohen Bedeutungsgrades für die mittelalterliche Königswahl wird indirekt durch den Umstand belegt, daß auch die Forschung "wohl kaum ein[em] Gebiet der mittelalterlichen Verfassungsgeschichte (...) soviel Aufmerksamkeit geschenkt hat wie diesem Themenkomplex". Einige der grundlegenden Arbeiten stammen hierbei von dem Rechtshistoriker Heinrich Mitteis. In seinen verschiedenen Schriften untersuchte dieser insbesondere die Grundlagen der deutschen Königswahlen. Über die Resultate seiner Forschung kam es allerdings immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen. Ulrich Schmidt betrachtete in seinem Werk "Königswahl und Thronfolge im 12. Jahrhundert" die Herrschererhebungen deshalb erneut und korrigierte gegebenenfalls die Mitteisschen Ergebnisse. Diese veränderte Sichtweise läßt damit die einzelnen Königswahlen des Hochmittelalters ebenfalls in einem neuen Licht erscheinen.

Tatsächlich trafen in der Bestimmung eines Nachfolgers im Königsamt die Interessen verschiedenster Gruppen aufeinander, wie die des amtierenden Königs und seiner Familie, der Reichsfürsten und letztlich auch die der Kirche bzw. des Papstes. Bei jeder Königswahl mußten die divergierenden Machtfaktoren neu ausbalanciert werden, wobei aber auch traditionelle Rechtsvorstellungen in die Entscheidung mit einflossen. Deshalb stelle ich die Thronerhebungen Friedrich I. Barbarossas und Heinrich VI. stehen in den Mittelpunkt meiner Arbeit.

Im folgenden sollen zunächst sehr ausführlich die rechtlichen Grundlagen der Thronfolge im Mittelalter dargestellt werden. Anschließend wird versucht, beide Thronerhebungen hinsichtlich ihres Aufbaus und Ablaufs zu analysieren. Hierbei wird insbesondere die Darstellung der Wahl Friedrich I. Barbarossas stark untergliedert. Dies geschieht, um dem Leser die verschiedenen Faktoren, welche bei dieser Wahl zusammenwirkten, zu veranschaulichen. So werden die Nachfolgeregelung Konrad III., geblütsrechtliche Einflüsse und die Thronerhebungsakte getrennt voneinander dargestellt. Die Erhebung Heinrich VI. hingegen wird durchgehend beschrieben. Abschließend werden beide Wahlen hinsichtlich ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede vergleichend gegeneinander abgewogen.

 

2. Hauptteil

2.1. Rechtliche Grundlagen der Thronfolge

 

2.1.1. Geblütsheiligkeit

 

Im hohen Mittelalter wirkten noch immer germanische Traditionen aus vorchristlicher Zeit weiter und zeigten ihren Einfluß auf die deutsche Königswahl.

Der mit dem germanischen Heerkönigtum in Zusammenhang stehende Glaube an übernatürliche, geheimnisvolle Kräfte und Begabungen einzelner Geschlechter von legendarischer Herkunft findet sich in der Geblütsheiligkeit wieder. Hier wurde die Vorstellung tradiert, der König und seine Sippe seien Träger und Vermittler des göttlichen Heils. Aufgrund dessen sollten der König und seine Angehörigen durch eine besondere Kraft und besonderes Glück ausgezeichnet sein. "Dieses göttliche Heil ruht im Blute und geht dadurch auf die Nachkommen des Königs über". Diese ursprünglich sakrale Würde des Königsgeschlechts wurde übernommen und weitergeführt.

Die Geblütsheiligkeit bildete damit das erste Auswahlkriterium bei der mittelalterlichen Königswahl. Den Angehörigen der stirps regia wurde deshalb bei der Wahl eines neuen Königs ein gewisser Vorrang eingeräumt. Ein Abgehen von der Königssippe, ohne daß ein zwingender Grund vorlag, hätte nämlich in der Vorstellung der damaligen Menschen einen unmittelbaren Verlust des gottgegebenen Königsheils nach sich gezogen. So setzte sich langsam im Bewußtsein der Rechtsgrundsatz fest, daß ein bestimmter Personenkreis eine besondere Befähigung zum königlichen Amt besitzt, an der andere nicht teilhaben. Die Frauen blieben hiervon jedoch von Anfang an ausgeschlossen und galten als bereits nicht mehr ebenbürtig.

Das sogenannte Geblütsrecht bildete indes - auch nach Meinung von Heinrich Mitteis - keinen direkten durchsetzbaren Anspruch eines Geschlechts oder einer bestimmten Person auf die Wahl zum König. Vielmehr handelte es sich "um eine objektive Auslesenorm unverbrüchlichen Charakters, um eine Regel für die Ausübung des aktiven Wahlrechts". Das Geblütsrecht war als eine Art Leitlinie für die Wähler zu betrachten, an der sich diese schon bei der Auswahl eines für die Königswürde in Frage kommenden Kandidaten orientierten sollten.

Die neuere Forschung lehnt einen übertrieben starken Einfluß der Geblütsheiligkeit allerdings ab. "Die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Amtsvorgänger und Nachfolger waren keine rechtlichen Voraussetzungen für die Thronfolge, und dies scheint auch die anerkannte Rechtsüberzeugung jener Zeit gewesen zu sein".

Dennoch bleibt eine weitere Klärung des rechtlichen Gewichts von Erb- und Geblütsgedanken bei den Königswahlen offen. Erst für die Wahlen nach 1198 ist festzuhalten, daß die auf Volksrecht gegründete Wahl nach Geblütsrecht endgültig und unwiderruflich von der freien Fürstenwahl verdrängt wurde.

2.1.2. Designation

 

Eine Sonderform des Erb- und Geblütsgedankens bildete die Designation. Dieser Begriff ist in der Forschung jedoch ebenso wie das Erb- und Geblütsrecht umstritten und wird sehr uneinheitlich verwendet. "Der kleinste gemeinsame Nenner im Verständnis der Designation ist zwar die Einflußnahme des Amtsinhabers auf die Regelung seiner Nachfolge, aber an der Frage, ob für jeden Akt der Nachfolgebezeichnung der Terminus "Designation" Verwendung finden soll, scheiden sich die Geister".

Innerhalb der Quellen selbst ist die Bezeichnung Designation zwar bekannt, der dahinter stehende Rechtsbegriff jedoch keineswegs fest umrissen und seiner Herkunft nach zweifelhaft.

Versteht man unter Designation den oben beschriebenen kleinsten gemeinsamen Nenner, so ist sicherlich zum Beispiel auch die Übersendung der Reichsinsignien durch Konrad I. an den Sachsenherzog Heinrich als solche zu sehen. Die ältere wie auch die neuere Forschungsmeinung sieht jedoch in solch einem Akt der Insignienübergabe keine rechtsverbindliche Designation und bezeichnet solche Vorgänge als bloße Nachfolgeempfehlungen.

Heinrich Mitteis definiert die Designation wesentlich enger, als "die Bestimmung eines Nachfolgers, regelmäßig eines Sohnes, die zu seiner Wahl noch zu Lebzeiten des Vorgängers führt". Hierbei unterscheidet er nochmals zwei Formen, nämlich die designatio de praesenti, also die Mitkönigserhebung, und die designatio de futuro, nach der die königliche Gewalt des Thronfolgers erst nach dem Tod des Vaters wirksam werden soll.

Die designatio de praesenti ist dabei als die stärkere Form der Nachfolgeregelung anzusehen, da hier dem Vater bereits ein vollgültiger König an die Seite gestellt wurde. Nach dem Tod des Erblassers bedurfte es keiner weiteren rechtlichen Akte, die dem Mitkönig erst die volle königliche Würde übertragen hätte.

Anders bei der designatio de futuro. Dort wurde von den Wählern lediglich ein Versprechen gegeben, den Designierten nach dem Tod des Vaters zum vollgültigen König zu wählen, so daß noch weitere rechtserhebliche Akte bis zur vollständigen Königserhebung nötig waren.

Bei beiden Designationsformen bleibt aber als gemeinsames Element eine Rechtshandlung des Vaters bestehen, die noch zu Lebzeiten vollzogen wurde.

In der Regel wird diese Handlung in einem Wahlvorschlag an die Großen des Reiches deutlich. Der Vater, von dem damit die politische Initiative für die Designationswahl ausging, war an dem Erhebungsvorgang auch weiter direkt beteiligt, da er die Wahl leitete und den Wahlvorschlag meist selbst einbrachte. Die Annahme durch die Fürsten sollte dann die weitere Thronerhebung in die Wege leiten.

Heinrich Mitteis sieht nun in der Designation eines Nachfolgers durch den König die am engsten begrenzte Kandidatenauswahl bei einer Thronerhebung, da sie als "bindender Wahlvorschlag" zu werten sei. Die Verbindlichkeit des väterlichen Wahlvorschlages für die Wähler lag laut Mitteis in der Folgepflicht der Großen dem König gegenüber begründet. "Die Wahl des Sohnes ist nicht nur die am strengsten gebundene, sie ist geradezu eine befohlene Wahl. Dem Vorschlag des regierenden Königs (...) nicht zu folgen, wäre eine schwere Pflichtverletzung".

Nach Meinung der neueren Forschung läßt sich in der Designation jedoch keine befohlene Wahl sehen, bei der dem Wahlvorschlag des Königs unbedingte Folge zu leisten gewesen wäre. Der Designation ist somit keine rechtlich verbindliche Kraft beizumessen. Gründe für ihr jeweiliges Gelingen oder Scheitern sind einzig und allein im außerrechtlichen Bereich, der politischen Ebene, zu suchen.

Die Bestimmung eines Nachfolgers war damit maßgeblich von der königlichen Autorität abhängig. Der Wahlvorschlag des Königs war zunächst einmal Verhandlungsobjekt zwischen ihm und den Großen des Reiches. Deren Bereitschaft zur Wahl mußte er allerdings erst gewinnen. Der Kreis der jeweils wählenden Fürsten setzte sich genauso zusammen wie bei der eigentlichen Königswahl. Die konkurrierenden Interessen des Königs und der Großen galt es nun gegeneinander auszugleichen. In der Regel wurden dafür jeweils einander Wahlversprechen von unterschiedlichsten Ausmaßes geleistet. "Dabei konnte der Herrscher auf Widerstand stoßen und entweder seinen Vorschlag zurückziehen oder mit den Großen verhandeln, bis diese sich bereitfanden, den königlichen Wunsch zu erfüllen".

Auch bei der Designation eines Nachfolgers blieb der König damit auf die Fürsten angewiesen. Die Designationswahl war daher eine Thronerhebung wie jede andere auch, bei der die Großen aus ihrer eigenberechtigten Gewalt den Mitkönig und Thronfolger erhoben. Sowohl die Vorstellung der Geblütsheiligkeit wie auch die Designation trugen wesentlich zur Auswahl des Kandidaten für die Königsnachfolge bei. Die eigentliche Wahl des zukünftigen Herrschers erübrigte sich jedoch trotz dieser Auslesekriterien nicht.

2.1.3. Wahl

 

Die Königswahl im engeren Sinne war nur ein einzelner Bestandteil der Herrschererhebung, die "als ein einheitlicher, sich stufenweise verwirklichender Akt gesehen werden" muß. In dieser Handlungskette, in der kein Glied fehlen darf, stehen weltliche Teilakte wie die Wahl oder auch die Insignienübergabe neben geistlichen, z.B. der Salbung und Krönung.

Die Einzelakte sind jedoch nur schwer voneinander zu trennen, da sie sehr oft ineinander übergehen. Bei genauerer Betrachtung erstreckt sich die Königswahl jedoch noch auf weitere Gebiete. So ist die eigentliche Machtergreifung im Reich auch noch dem Wahlkomplex hinzuzurechnen. Zur Königswahl "gehören teilweise wieder sogenannte Nachwahlen zur Gewinnung der bisher noch Zögernden, und, wo sie fehlen, tritt die symbolische Handlung des Königsrittes an ihre Stelle".

Innerhalb dieser Darstellung soll sich aber dennoch auf die eigentlichen weltlichen und geistlichen Thronerhebungsakte beschränkt werden.

Der Wahlvorgang im engeren Sinn setzte sich wiederum aus gegensätzlichen Komponenten zusammen. Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Quellen sind jedoch auch hier keine festen Regeln auszumachen.

Allgemein wurde der neue König wohl aus dem Kreis der Kandidaten im Laufe von Verhandlungen ausgewählt. Im Falle der Designation - in beiden Formen de praesenti und de futuro - entfiel diese Auswahl, da der Thronkandidat bereits durch einen Dritten, nämlich den vormaligen Herrscher, festgesetzt war.

Die eigentlichen Inhaber des aktiven Wahlrechts sind für die Zeit der sog. Volkswahl nicht exakt zu bestimmen. In der Praxis lag die Wahl freilich in der Hand der Fürsten. "Das Wahlrecht war im Besitz einer verhältnismäßig großen, rechtlich gleichgestellten, aber sozial sehr differenzierten Gruppe, im Besitz der Adelsschicht". Unter diese Gruppe fielen wohl sicherlich Herzöge, Markgrafen, Pfalzgrafen, Landgrafen, Magnaten und Edle.

Vom neunten bis ins zwölfte Jahrhundert durchlief die deutsche Königswahl eine kontinuierliche Entwicklung. Die Volkswahl, welche aus der germanischen Tradition des Heerkönigtums stammt, wurde im Laufe der Zeit immer stärker formalisiert und zurückgedrängt.

Eine besondere Stellung in dieser Linie nimmt dabei die Königserhebung von Rudolf von Rheinfelden im Jahr 1077 ein. Das Erb- bzw. Geblütsrecht wurde in Folge des Investiturstreites zurückgedrängt und die Stellung der Fürsten gestärkt. Rudolf versicherte den Fürsten, das Königtum nicht als erbliches Gut, sondern als ein ihm übertragenes Amt zu betrachten: "Danach sollte die königliche Gewalt niemanden als Erbe zufallen, wie es bislang üblich gewesen sei; vielmehr solle der königliche Sohn, auch wenn er geeignet sei, durch eine freie Wahl und nicht durch Erbfolge König werden. Sollte er aber ungeeignet sein oder sollte das Volk ihn nicht zum König wollen, so stehe es in dessen Macht, den zum König zu erheben, den es wünsche". Der auf Gewohnheitsrecht gegründeten erblichen Königswürde wurde hier also eindeutig zugunsten der freien Wahl eines Königsnachfolgers, die sich allein an seiner persönlichen Eignung für das Amt orientieren sollte, eine Absage erteilt. Die Fürsten konnten durch und nach der Wahl von 1077 ihr politisches Gewicht gegenüber dem Königtum enorm steigern, da sie nun zu legitimen Teilhabern an der Macht geworden waren. Die Reichsgewalt war von diesem Zeitpunkt an untrennbar mit ihnen verbunden, und für jeden zukünftigen Herrscher galt es, sich mit den Fürsten durch Wahlversprechungen zu arrangieren. Im weitesten Sinne ist auch noch die nachfolgende Einlösung der Versprechen dem Wahlkomplex hinzuzurechnen.

Von einer eigentlichen Volkswahl lassen die überlieferten Quellen nach dem Investiturstreit nichts mehr erkennen. Ursprüngliche Elemente fanden sich jedoch in Akklamation und Collaudatio bei der Thronerhebung auch noch im zwölften Jahrhundert wieder.

Eine weitere Entwicklung bei der Wahl ist in der Abgabe der Stimmen zu finden. Während im zehnten Jahrhundert noch Einzelhuldigungen der Großen und Akklamation derjenigen, die nicht einzeln huldigten, erfolgten, änderte sich dies mit der Erhebung Konrads II. . Von nun an gaben die Wähler jeweils nacheinander einen förmlichen Kurspruch ab.

Die Wahl wurde somit in feste Formen gebracht, die um der Rechtsgültigkeit willen auch immer stärker eingehalten werden mußten.

In den Fällen der Designationswahl wurde die Wahlversammlung, wie bereits gezeigt, vom König selbst einberufen und geleitet. Wenn jedoch bei Tod des Herrschers kein Nachfolger feststand oder dieser nur designiert und noch nicht vollständig rechtsförmlich erhoben war, mußte es eine Instanz geben, die berechtigt war, eine Wahlversammlung einzuberufen. Dieses Recht oblag gewohnheitsmäßig dem Mainzer Erzbischof.

Bei der Kur besaß dieser dann wiederum das Ehrenvorrecht, seine Stimme als Erster abzugeben, die sogenannte prima vox zu führen. Eine weitergehende feste Abfolge bei der Stimmabgabe läßt sich aus den Quellen jedoch nicht rekonstruieren. Mit wachsender Bedeutung des Wahlaktes nahm schließlich auch die Wichtigkeit der prima vox zu. "Nichtsdestoweniger ist zu bedenken, daß in dieser Zeit die Autorität eines Wählers noch weit höher geschätzt wurde als die Majorität der Stimmen, so daß die prima vox als Leitstimme nicht ganz bedeutungslos ist". Damit hielt der Wählende formal ein beträchtliches politisches Machtmittel in seinen Händen. Die Autorität seiner Stimme wog auch deshalb so besonders, da bei der Abgabe diese noch nicht einzeln gezählt wurden. Vielmehr war das Gewicht der Stimme vom Einfluß des jeweiligen Fürsten auf der Ebene des Reiches abhängig. "Schlossen sich gar ganze Stämme der Partei des neuen Königs an, so war es nur noch unter ganz besonderen Voraussetzungen möglich, sich diesem Druck zu entziehen".

Die Königswahlen erfolgten bis in die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts noch grundsätzlich einstimmig. Diejenigen, welche mit dem zu wählenden Kandidaten nicht einverstanden waren, blieben dem Wahlvorgang fern oder wählten einen Gegenkönig. Dennoch legte man auf deren nachträgliche Kur einen ebenso großen Wert, und es galt für den neuen König, sich diese durch Wahlversprechen nachträglich zu sichern. Der Grundsatz der einstimmigen Königswahl hängt eng mit dem tradierten Geblütsgedanken zusammen. Nach mittelalterlicher Auffassung tat sich in der Bestimmung eines Thronfolgers stets ein höherer Wille kund. Derjenige, auf den die Wahl fiel, mußte demnach zur Führung des Volkes besonders geeignet und zugleich Träger des göttlichen Heils sein. Als Beweis dafür, daß die Wähler den richtigen gottgewollten Kandidaten zum König bestimmt hatten, mußten die Wahlentscheidungen - zumindest formal nach außen hin - einstimmig fallen.

Für die mittelalterliche Thronerhebung läßt sich nahezu in jedem Falle die Beteiligung von Erzbischöfen und weiteren hohen Geistlichen nachweisen. Dabei genossen die rheinischen Erzbischöfe aus Mainz, Köln und Trier ein deutlich gesteigertes Ansehen unter ihren Amtsbrüdern. Besonders im sakralen Teil der Königswahl, in deren Mittelpunkt die Krönung und Thronsetzung stand, wird diese herausragende Stellung deutlich. Bei der Weihe des neugewählten Königs in Aachen bot sich für alle Erzbischöfe des Landes die Möglichkeit, sich aktiv an der Erhebung zu beteiligen. Aus den anfangs gleichberechtigten Vertretern des Klerus bildeten sich nach und nach die Rollen des Koronators und Konsekrators heraus. "Wer den König salbte und krönte wurde als Leiter der Weihe bezeichnet". Lag dieses Krönungsprivileg anfangs beim Mainzer Erzbischof, wurde es im Jahr 1052 bzw. 1158 dem Kölner Erzbischof übertragen. In der kaiserlichen Erklärung Friedrich I. Barbarossas von 1158 heißt es: "Debitam patri nostro reverentiam libenter exhibemus liberam imperii nostri coronam divino tantum beneficio asscribimus, electionis primam vocem Maguntino archiepiscopo, deinde quod superest caeteris secundum ordinem principus recognoscimus; regalem unctionem Coloniensi supremam vero, quae imperialis est, summo ponitifici; quidquid praeter haec est, ex habundanti est, a malo est". Die Weihe wurde jetzt im Zusammenwirken mit der Wahl zum konstitutiven rechtsbegründenden Akt. Zur gültigen Königswahl rückte von nun an der Grundsatz in den Mittelpunkt, vom richtigen Kröner am richtigen Ort und zur richtigen Zeit gekrönt zu werden. Fehlte eine dieser Bedingungen, konnte man nicht mehr von einem vollgültigen König sprechen.

In diesem Zusammenhang trat nun auch die Ausstattung mit den echten Reichsinsignien in den Vordergrund. Diese sollten den rechtmäßigen Besitzer erhöhen und damit die Folgepflicht ihm gegenüber verstärken. Nur den echten Insignien kam jedoch eine "magische Kraft zu, die, in den Wurzeln auf heidnischen Zaubervorstellungen zurückgehend, sich in die christliche Zeit hinübergerettet hat". Zwar hatte man schon früher um sie gekämpft (so geschehen 1105 bei Heinrich V. und 1125 bei Lothar von Supplinburg), "aber niemals wurde eine Wahl für nicht rechtens erklärt, weil die echten Insignien fehlten, wie es dann 1198 geschah". Das Element der Thronsetzung, welches auf dem Aachener Karlsthron vollzogen wurde, diente ebenfalls der Erhöhung der jeweiligen Herrscherpersönlichkeit.

Die Stellung der Geistlichkeit bei der Weihe erfuhr aber dennoch eine Einschränkung durch die Reichsfürsten, da der Klerus nur in deren Auftrag handeln durfte und handeln konnte. Vereinfacht ausgedrückt konnten die Bischöfe nur denjenigen weihen, der bereits von den Fürsten in Frankfurt rechtmäßig gewählt worden war. "Somit ist die Gesamtheit der Großen des Reiches nicht nur de iure und de facto die wählende, sondern de iure auch die salbende und krönende Instanz; die Bischöfe sind ihre Mandatare".

Heinrich Mitteis spricht den Thronerhebungen bis 1198 den Charakter von echten Wahlen ab. "Bis dahin gibt es gar keine Königswahl im eigentlichen Sinne, es gibt nur in sich zusammenhängende Erhebungsakte von oft mehrjähriger Dauer, in die die Wahl fest eingegliedert ist". Richtig ist, daß sich erst in der ausgehenden Stauferzeit der Herrschaftsantritt als das Ergebnis von Wahl und Weihe erweist.

Alle deutschen Thronerhebungen vor 1198 ruhten auf den Rechtsgrundlagen der Geblütsheiligkeit, Designation und Wahl. Mit dem Tode Heinrichs VI. und der darauf folgenden Doppelwahl erlebte das deutsche Königtum dann seinen entscheidenden Einschnitt. Das Reich wandelte sich zu einem reinen Wahlreich.

2.2. Die Wahl Friedrichs I. Barbarossa

 

2.2.1. Die Nachfolgeregelung Konrad III.

 

Am 15. Februar des Jahres 1152 starb König Konrad III. während des Reichstages in Bamberg. Zwar hatte Konrad III. seinen erstgeborenen Sohn Heinrich (VI.) im Jahr 1147 zum Mitkönig erheben lassen, doch war dieser bereits 1150 verschieden. Daher stellte sich ihm das Problem der Nachfolgeregelung erneut.

Konrad III. boten sich während seiner letzten Tage in Bamberg nur zwei Alternativen für die Nachfolge im eigenen Hause an. Zum einem in seinem zweitgeborenen Sohn Friedrich von Rothenburg und zum anderen in seinem Neffen Herzog Friedrich III. von Schwaben, Barbarossa genannt. Da sein Sohn aber gerade erst sechs Jahre alt war, "hielt Konrad selbst eine Nachfolge seines Sohnes für aussichtslos und unzweckmäßig und empfahl den Wählern noch auf dem Sterbebett seinen Neffen". Um die weitere Königsherrschaft der Staufer nicht zu gefährden, wählte er die zweite Variante.

In der Gesta Friderici Imperatoris Ottos, Bischof von Freising, die gewöhnlicherweise als grundlegender Leitfaden der Anfänge Friedrich I. Barbarossas dient, heißt es:

"Ipse ... (Konrad III.) ... morbo corripitur, ... vitam finivit, regalia duci Frederico cum unico suo item Frederico commendans. Erat enim tamquam vir prudens de filio suo adhuc parvulo, ne in regem sublimaretur, quasi desperatus; idcirco et private et rei publice melius profuturum iudicabat, si is potius, qui fratris sui filius erat, ob multa virtutum suarum clara facinora sibi succederet".

In der bloßen Übergabe der Reichsinsignien an Friedrich Barbarossa durch Konrad III. ist aber nach der Mitteisschen Definition keine Designation zu sehen. Es handelt sich vielmehr auch in diesem Fall um eine bloße Nachfolgeempfehlung des vorhergehenden Herrschers an die Großen des Reiches. Solch einer Empfehlung kam, wie bereits gezeigt, aber keine rechtsverbindliche Kraft zu. Von einer weitergehenden Empfehlung Konrads III. oder einer designatio de futuro ist aus den übrigen Quellen nichts ersichtlich.

Aus dieser Quellenlage ragen aber zwei Dokumente heraus, welche einen etwas anderen Wortlaut wählen. So ist in einem Schreiben von Barbarossa an den byzantinischen Kaiser Manuel die Rede davon, sein sterbender Vorgänger habe ihn zum Nachfolger erklärt: "... imperator Conradus, moriens, cum nos declarasset imperii sui successores, ...". Daneben besitzen wir noch die Chronik Burchard von Ursbergs, der bemerkt: "Fridericus ... regnum accepit, magis ex delegatione patrui sui quam ex electione principum ...". Beiden Quellen ist aber relativ geringe Bedeutung zuzumessen, da eine weitergehende Empfehlung - obwohl über die genauen Ereignisse in Bamberg kein direktes Zeugnis vorliegt - Konrads III. ausgeschlossen scheint. Über eine vollzogene designatio de futuro Barbarossas ist nichts bekannt. Die Nachfolgeempfehlung Konrads muß man in seine letzten Lebenstage in Bamberg setzen, in denen sich sein Gesundheitszustand augenscheinlich zusehends verschlechterte. Da Friedrich Barbarossa am Reichstag in Bamberg aber zunächst nicht teilnahm, sondern erst im weiteren Verlauf dort eintraf, scheidet damit schon aus rein zeitlichen Gründen eine weitergehende Designation aus.

Konrad III. hatte folglich mit der dargestellten Nachfolgeregelung seinen eigenen zweitgeborenen Sohn übergangen. Sogar die Sorge um das minderjährige Kind vertraute er seinem Neffen an. In der Gesta Friderici heißt es: "... (Konrad III.) ... morbo corripitur, ... vitam finivit, regalia duci Frederico cum unico suo item Frederico commendans. Diese Übergabe des Kindes wird auch in der Chronica regia Coloniensis und der Weingartener Fortsetzung der Historica Welforum bestätigt. Als Entschädigung für die entgangene Königskrone mußte Barbarossa dem minderjährigen Friedrich von Rothenburg jedoch das Herzogtum Schwaben zugestehen. Als sein Vormund behielt er aber auch hierüber die indirekte Verfügungsgewalt.

Aus der Chronica regia Coloniensis und der Chronica Hanoniense wurde in der älteren Forschung der Vorwurf rekonstruiert, Friedrich habe seine Mitbewerber bei der Königsnachfolge hintergangen. Dieses wird jedoch von der neueren Forschung zurückgewiesen. Insbesondere gegenüber Friedrich von Rothenburg erscheint ein derartiger Vorwurf heute nicht mehr haltbar. Dennoch dürfte der Erzbischof Heinrich von Mainz tatsächlich eine Thronerhebung des Knaben favorisiert haben, da er in diesem Fall dann selbst regni et procurator geworden wäre und die fehlende Königinmutter ersetzt hätte.

Es läßt sich damit festhalten, daß Konrad III. am Ende seines Lebens gegenüber den Großen des Reiches eine einfache Nachfolgeempfehlung ausbrachte. Er übergab die Insignien an seinen Neffen, den damaligen Herzog Friedrich III. von Schwaben und überging in dieser Regelung seinen eigenen minderjährigen Sohn. Da dieser Insignientradition an Friedrich Barbarossa aber keine rechtsverbindliche Wirkung zukam, blieb das Wahlrecht der Fürsten davon unberührt bestehen. Die Verhandlungen der Fürsten über die Person des Nachfolgers waren damit prinzipiell offen.

2.2.2. Geblütsrechtliche Einflüsse

 

Auf der geblütsrechtlichen Grundlage empfahl sich Friedrich Barbarossa durch eine besondere dynastische Position. Aufgrund seiner Herkunft nahm er eine verbindende Stellung zwischen den verfeindeten Lagern der Staufer und Welfen ein. Zu beiden Geschlechtern zeichnete ihn ein enges Verwandtschaftsverhältnis aus. Von Geburt auf Staufer, war er über seine Mutter Judith, die Tochter Heinrichs des Schwarzen, im gleichen Grade mit den Welfen verwandt. König Konrad III. war damit ebenso sein Onkel wie dessen politischer Gegner Welf VI..

Otto von Freising berichtet hierzu sehr ausführlich: "Nutu vero Dei, ut creditur, paci populi sui in posterum providentis sub Heinrico V. factum est, ut Fredericus dux, pater huius, qui de altera, id est de regnum familia, descenderat, de altera, Heinrici scilicet Noricorum ducis filiam, in uxorem acciperet ex eaque Fredericum, qui inpresentiarum est et regnat, generaret. Principes igitur non solum industriam ac virtutem iam sepe dicti iuvenis, sed etiam hoc, quod utriusque sanguinis consors tamquam angularis lapis utrorumque horum patretum dissidentiam unire posset, considerantes caput regni eum constituere adiudicaverunt, plurimum rei publicae profuturum precogitanes, si tam gravis et diutina inter maximos imperii viros ob privatum emolumentum simultas hac demum occasione Deo cooperante sopiretur"

In seiner Gesta reiht Otto von Freising Friedrich außerdem in die salische stirps regia ein. Friedrich stellte sich damit auch als legitimer Träger des wichtigen Königheils dar. "Die Staufer setzten das Saliergeschlecht fort, die Salier waren verwandt mit den Karolingern, und in Karl dem Großen vereinigte sich das (...) fränkische Herrscheramt mit einem durch seine angeblich byzantinische Mutter hergestellten Anschluß an die antike Kaisertradition". Hierdurch besaß er folglich auf geblütsrechtlicher Basis ein gewisses Vorrecht und eine zusätzliche Rechtfertigung bei der Königswahl.

Wichtiger war aber die Position Friedrichs als verbindender Eckstein zwischen den beiden verfeindeten Geschlechtern. Für die Fürsten war er hierdurch der gesuchte Kandidat des Ausgleichs, auch wenn für die Annahme dieser Tatsache kein weiterer Quellenbeleg vorhanden ist.

Wie weit aber die geblütsrechtlichen Gedanken bei der deutschen Königswahl zur Zeit Friedrich Barbarossas bereits in den Hintergrund getreten waren, erkennt man an seiner eigenen Aussage, in der er als Ursprung seines Königtums nur Wahl und Weihe nennt.

2.2.3. Die Thronerhebungsakte bei der Wahl von Friedrich I. Barbarossa

 

2.2.3.1. Der weltliche Thronerhebungsakt

 

Nur wenige Wochen nach dem Tod Konrad III. wurde die Wahlversammlung nach Frankfurt einberufen und Friedrich dort bereits am 4. März 1152 einstimmig zum neuen König gewählt. Mit diesem kurzfristig anberaumten Termin wollte man möglicherweise dem Handstreich einer Fürstengruppe wie 1138 vorbeugen. Wer aber zu der Wahlversammlung eingeladen und deren Zeitpunkt festgelegt hat, bleibt im Dunkeln verborgen. Eine schriftliche Einladung durch den Mainzer Erzbischof wie 1125 ist nicht zu beweisen, auch wenn Wibald im Februar 1152 an die Mönche von Hastière schreibt: "... principes regni nostri nos ad colloquium suum, ubi de ordinatione futuri regis agetur, per litteras evocaverunt, ...". Eine schriftliche Einladung der Fürsten selbst, wie 1138, kann aus den Quellen ebenfalls nicht belegt werden.

Allgemein ist festzuhalten, daß man trotz zahlreicher Untersuchungen nur sehr wenig über die Ereignisse in Frankfurt weiß. Die Quellen besitzen vor allem erzählenden Charakter und gestatten nur wenig Einblick in den konkreten Ablauf des Wahlaktes.

Bei den Ereignissen vom März 1152 ist grundsätzlich von einer freien Wahl auszugehen. Geblütsrechtliche Gedanken und die Nachfolgeregelung Konrads traten in den Hintergrund. Auch Otto von Freising spricht in seiner Gesta friderici das Wahlrecht eindeutig den Fürsten zu: "nam id iuris Romani imperii apex, videlicet non per sanguinis propaginem descendere, sed per principum electionem reges creare, sibi tamquam ex singulari vendicat prerogativa ...".

Obwohl über die Dauer der Frankfurter Wahlversammlung keine Angaben vorliegen, scheint diese nicht eine allzulange Zeit in Anspruch genommen zu haben. Barbarossa hatte trotz der knappen Zeit von circa dreieinhalb Wochen seine Wahl sehr gut vorbereitet. Als er am Wahlort ankam, hatte er wohl schon eine geschlossene Partei hinter sich, da es darauf ankam, daß schon die Auswahl der möglichen Kandidaten auf seine Person fiel und nicht auf einen Welfen. Unstimmigkeiten bei der Wahl oder Widerstand gegen den schwäbischen Herzog scheinen deshalb unwahrscheinlich. Dies wird auch von den Quellen bestätigt, die immer wieder die einstimmige Entscheidung der Fürsten hervorheben: "(...) electus est cum summo universorum favore". Gleich oder ähnlich lautende Erklärungen finden sich außerdem bei Otto von Freising, der Chronica regia Coloniensis, den Annales Magdeburgensis, den Annales Pauli Virdunensis und den Annales Benedictoburani.

Von der Forschung wurden dennoch immer wieder Unstimmigkeiten bei der Wahl untersucht und Namen eventueller Gegenkandidaten in Frankfurt genannt. Vom Machtpotential her betrachtet kamen hierfür eigentlich nur vier Personen in Betracht: Heinrich der Löwe, Heinrich Jasomirgott, Welf VI. und Berthold von Zähringen. Die Genannten waren jedoch durch Wahlversprechungen Barbarossas bereits im Vorfeld an seine Partei gebunden worden. Die Fraktion der Welfen allerdings dürfte tatsächlich Gespräche über die Chancen eines eigenen Thronkandidaten geführt haben. Da Friedrich Barbarossa vor allem deren Führer, Heinrich den Löwen und Welf VI., durch Zugeständnisse für sich gewonnen hatte, dürfte sich Friedrich tatsächlich als der bereits erwähnte, von den Fürsten gewünschte Kandidat des Ausgleichs empfohlen haben.

Auch über die Rolle des Mainzer Erzbischofs Heinrich I., der ja wie gezeigt eine Thronerhebung Friedrich von Rothenburgs betrieb, herrscht in der Literatur Unklarheit. Wird zum einem seine Beteiligung am Frankfurter Wahlakt dargestellt und ihm gar die Rolle der prima vox zugesprochen, wird andererseits seine Teilnahme in Frankfurt völlig bestritten. Zieht man hier die spätere Absetzung Heinrichs I. durch Barbarossa mit in Betracht, so erscheint ein Fernbleiben wahrscheinlicher.

Der eigentliche Wahlakt könnte nach den von Friedrich sechs Jahre später aufgestellten Grundsätzen zur Königswahl verlaufen sein. Kur, Akklamation und Huldigung werden dort als bestimmende Faktoren genannt.

Über die Teilnehmer der Frankfurter Wahl im Einzelnen liegt kein direktes Zeugnis vor. Von der Forschung wurden daher aus Urkunden, welche nur kurze Zeit nach der Wahl ausgestellt wurden, die Wahlteilnehmer rekonstruiert. Allerdings findet man auch hier durchaus unterschiedliche Ergebnisse vor. Aufgrund der Kurzfristigkeit des Wahlaktes liegt aber die in der neueren Forschung vertretene Annahme nahe, nur wenige Große hätten an der Wahl teilgenommen. Nicht zutreffend und übertrieben dürften daher die in den jeweils im März verfaßten Dokumenten von Friedrich bzw. Wibald von Corvey vertretenen gegenteiligen Meinungen sein. Bei Friedrich heißt es: "... universi principes (...) tam per se ipsos quam per responsales honoratos convenerunt". Und bei Wibald steht: "Sicque factum est ut, cum pauci admodum crederentur venturi, maxima tamen optimatum multitudo (...) convenerit".

Diejenigen Fürsten, die der Wahl ferngeblieben waren und damit ihre eventuelle Ablehnung des Staufers kundgetan hatten, galt es in Form von Nachwahlen noch an sich zu binden. Hierfür boten die stattfindenden Reichstage zahlreiche Gelegenheit. Dort wurden dann erneute und weitergehende Wahlversprechen gegeben und so die Huldigung durch die anfänglichen Gegner erreicht.

Der Wahlakt von 1152 in Frankfurt stellt sich damit als völlig freier Entschluß der Fürsten dar. Die Entscheidung über den Thronkandidaten Friedrich Barbarossa lag alleine in den Händen der Großen des Reiches. Geblütsrechtliche und designative Elemente waren in den Hintergrund getreten und auch Friedrich selbst erhob keinerlei Erbansprüche auf den Königsstuhl. Vielmehr sah er seine Herrschaft in der einstimmigen Erhebung durch die Fürsten begründet. Aufgrund der politischen Vorbereitung seiner Wahl scheiden größere Schwierigkeiten bei der Königswahl aus. Vielmehr vermochte Barbarossa die ehemals gespaltene fürstliche Wählerschaft wieder zu vereinen. Wurden seine beiden Vorgänger Lothar von Supplinburg und Konrad III. maßgeblich durch die Kurie in ihr Amt gehoben, so stellte die Erhebung Friedrichs alleine das Werk der Fürsten dar.

2.2.3.2. Die Vorbereitung der Wahl

 

Die knapp drei Wochen vom Tod Konrad III. bis zur Wahl in Frankfurt waren ausgefüllt mit Verhandlungen der Fürsten untereinander und der Wählerwerbung Barbarossas. Da keine rechtsverbindliche Nachfolgeregelung bestand, waren die Fürsten auch nicht an eine Folgepflicht gebunden. Von daher galt es die freie Wahl in intensiven Wahlverhandlungen politisch vorzubereiten. Durch Wahlversprechungen und Zugeständnissen wollte man sich die Stimmen der Wähler sichern und mögliche Konkurrenten ausschalten.

So traf sich Friedrich bereits fünf Tage nach Konrads Heimgang am Ufer des Mains mit den Bischöfen von Bamberg und Würzburg, Eberhard II. und Gebhard von Henneberg, zu einer Unterredung die Königswahl betreffend.

"Acta sunt haec a(nno) d(ominice) i(ncarnationis) M.C.LII. i(ndictione) XV., quinta die post obitum d(omini) Conradi gloriosi Romanorum regis in ripa Mogi fluminis inter colloquium, quod dux Fridericus cum Wirceburgensi et Babenbergensi episcopis de reformando et componendo regni statu celebravit, qui exhinc XIII die divina ordinatione ac cunctorum principum electione in regem elevatus ad celsa imperii fastigia potenter conscendit succedens patruo".

Siegfried Haider vermutet hierzu: "Da Bischof Eberhard II. von Bamberg bekanntlich einer der engsten Mitarbeiter Barbarossas wurde, stand sicherlich im Vordergrund dieser Gespräche die Frage, wie die Kandidatur des Staufers am besten unterstützt werden könne".

Der Bamberger Bischof wurde schließlich für seine maßgebliche Unterstützung an Friedrichs Wahl und Krönung am 12. März 1152 noch am Krönungsort Aachen durch die Schenkung der Reichsabtei Niederaltaich belohnt. Wie hoch die Rolle Eberhards bei den Wahlvorbereitungen einzuschätzen ist, wird, wie Siegfried Haider meint, auch darin deutlich, daß Konrad III. nicht im Kloster Lorsch, sondern im Bamberger Dom begraben wurde. "Friedrich hätte wohl kaum dem Wunsch seines Onkels zuwider gehandelt, wenn er nicht angesichts der bevorstehenden Neuwahl auf die Sympathien der Bamberger Rücksicht nehmen hätte müssen".

Wahlentscheidend, wie Schmidt meint, könnte jedoch die Tatsache gewesen sein, daß Friedrich die Welfenpartei für sich gewann. Welf VI. und Berthold von Zähringen bildeten neben Heinrich dem Löwen die Hauptfront seiner Gegner und stellten potentielle Gegenkandidaten dar. Nur mit Aussicht auf hohe Zuwendungen konnten sie auf die Seite des Staufers gezogen werden.

Welf VI. wurden von Seiten Barbarossas Versprechungen auf italienische Gebiete unterbereitet. Dies lief durchaus mit den Interessen Welfs konform, da dieser ohnehin alte Ansprüche auf die Mathildischen Güter angemeldet hatte. "In einem Diplom vom 5. Juli 1152 erscheint Welf bereits mit den Titeln eines dux Spoleantus et marchio Tuscie et princeps Sardinie als Zeuge". Mit diesem eingelösten Wahlversprechen gelang Friedrich I. außerdem ein politischer Schachzug gegen den Papst, der auf die gleichen Gebiete ebenfalls Anspruch erhob. Mit der Übertragung an einen Welfen und damit einem Papstanhänger, der aber gleichzeitig ein Verwandter des Königs war, nahm Friedrich dem Papst jede mögliche Gegenwehr.

Welf VI. dürfte auch den Kontakt zwischen Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen hergestellt haben, der den eigentlichen Hauptkonkurrenten auf den Königsthron darstellte. Doch auch Heinrich der Löwe wurde noch vor dem Frankfurter Wahlakt für Friedrich gewonnen. Dabei ist wohl von einem persönlichen Gespräch der beiden miteinander auszugehen, wobei Heinrich von Barbarossa, wie nicht anders zu vermuten ist, die Wiedereinsetzung in die baierische Herzogswürde forderte. Diese Forderung brachte Friedrich Barbarossa aber in Schwierigkeiten mit dem Babenberger Heinrich Jasomirgott, der Baiern zu jener Zeit innehatte. "Heinrich der Löwe scheint sich dieser Schwierigkeiten bewußt gewesen zu sein, die ihm (Barbarossa) in dieser Angelegenheit bevorstanden. Denn er stellte weitere Forderungen, die Barbarossa früher erfüllen konnte, als die Ansprüche auf Baiern. Bekanntlich verlangte er von Friedrich die Belehnung mit dem Reichsgebiet und allen Einkünften der Stadt Goslar, die ihm nicht nur finanziellen Gewinn bringen, sondern auch eine Lücke im welfischen Territorium in Sachsen schließen sollte". Die eigentliche Belehnung mit dem Herzogtum Baiern erfolgte dann erst auf dem Reichstag von Goslar im Jahre 1154. Friedrich I. trug hiermit durchaus dem Expansionsbedürfnis Heinrichs Rechnung. Die Einlösung des Versprechens 1154 war aber erst erfolgt, als die Fortsetzung der Byzanz- und Papstpolitik Konrads III. gesichert war.

Mittels dieser dargestellten Wahlversprechen hatte Friedrich innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Zeit die beiden führenden Köpfe der süddeutschen Fürsten für sich gewonnen. Die Hauptfront seiner Gegner war damit auseinandergesprengt. Die Verbleibenden, welche mit Friedrich Barbarossa nicht einverstanden waren, gaben ihrem Mißfallen durch Abwesenheit beim Wahlakt kund. Diese mußten aber trotzdem noch nachträglich für den Staufer gewonnen werden. Auf Reichstagen und dem Königsumritt bot sich hierzu Gelegenheit. "Bei seinem Umritt durch das Reich verlieh er auf seinem ersten Reichstag auf bairischem Boden, dem Grafen Konrad von Dachau den Titel eines Herzogs von Meranien". Mit Berthold von Zähringen einigte sich Friedrich ebenfalls noch im Frühjahr 1152. Der neue König versprach, Berthold "bei der Besitznahme Burgunds und der Provence behilflich zu sein und beim verlassen dieser Gebiete alle Herrschaft an ihn abzutreten, mit Ausnahme der reichsunmittelbaren Erzbistümer und Bistümer. Für diesen Preis war Berthold bereit, dem Staufer zu huldigen".

Neben seinen ursprünglichen Gegnern stattete Friedrich I. aber auch eigene Parteigänger mit umfangreichen Wahlgeschenken aus. So erhielt der Abt Wibald von Stablo nicht nur die Privilegien für das ihm eigene Kloster bestätigt, sondern überdies für die Klöster Corvey, Herford und Kemnade. Weiterhin wurden Berthold von Andechs, Poppo von Henneberg, Markward von Grumbach und Bischof Günther von Speyer mit Geschenken bedacht.

Friedrich I. Barbarossa sicherte sich die Wahl zum deutschen König durch Wahlversprechen. Dabei stand ihm und seinen Helfern nur geringe Zeit zur Verfügung. Man beschränkte sich deshalb neben der eigenen Partei vor allem auf die eigentlichen Hauptgegner. Heinrich der Löwe und Welf VI. wurden vom neuzuwählenden König zügig mit umfangreichen territorialen Zugeständnissen ausgestattet. Diese Wahlversprechen beweisen, "daß der Staufer schon vor seiner Wahl ein detailliertes politisches Konzept für seine Herrschaft als König bereit hatte". Die starke süddeutsche Partei der Welfen war damit jedoch gebrochen; von dieser Seite brauchte Friedrich mit keinem Widerstand mehr zu rechnen.

2.2.3.3. Der sakrale Thronerhebungsakt

 

Im unmittelbaren Anschluß an den Frankfurter Wahlakt zog Friedrich zur Königskrönung nach Aachen. "Ibi equos ascendes in proximo sabbato Aquisgrani venit". Bereits fünf Tage nach der Erhebung durch die Fürsten wurde Friedrich am 9. März gekrönt. Dem Bericht Otto von Freisings zufolge wurde Barbarossa am Tag der Weihe von den Bischöfen in der Pfalz abgeholt und zum Marienmünster begleitet, wo die sakrale Weihe stattfand: "Sequenti die, id est ea dominica, qua Letare Hierusalem canitur, ab episcopo a palatio in ecclesiam beate Marie semper virginis deductus cum omnium qui aderant applausu ab Arnaldo Coloniense archiepiscopo, aliis cooperantibus, coronatus in sede regni Francorum, que in eadem ecclesia a Karolo Magno posita est, collocatur".

Auch die Teilnehmer der Aachener Krönungsfeierlichkeiten sind aus den Quellen nicht ersichtlich. Man darf jedoch annehmen, daß der Personenkreis sich ähnlich zusammensetzte wie beim eigentlichen Votum in Frankfurt. Ein Grund, warum die vornehmsten des weltlichen Adels von dem abschließenden Akt der Erhebung ausgeschlossen sein sollten, ist jedenfalls nicht zu erkennen.

Der päpstliche Legat Jordan, welcher zu dieser Zeit in Deutschland weilte, nahm aber mit Sicherheit weder in Frankfurt noch in Aachen teil. Eine päpstliche Beteiligung an der Erhebung, wie bei seinen Vorgängern Konrad III. und Lothar von Supplinburg, scheidet daher offensichtlich aus.

Dies belegt auch seine Wahlanzeige an Papst Eugen III., in der er ihm seine Wahl lediglich mitteilt, nicht jedoch um deren Bestätigung bittet. Der Hauptgedanke des Dokuments ist Friedrichs Absicht, die kirchlichen Privilegien und die Erhabenheit des Reiches wiederherstellen zu wollen. "Diese Mitteilung gab sich zweifelsfrei als Benachrichtigung und konnte nicht als Bitte um Bestätigung (confirmatio) mißverstanden werden". Wenn der Papst von sich aus Friedrich approbierte, so ist diesem Schritt keine unmittelbare Rechtskraft zuzumessen.

Wie bereits gezeigt, wurde die eigentliche Weihe des neuen Königs von Erzbischof Arnold von Köln vollzogen. Bei den drei Teilakten, der Salbung, Krönung und Thronsetzung, standen ihm als Hilfe jedoch noch weitere Bischöfe zur Seite. So wird in den Annales Brunwilarenses neben dem Kölner noch der Trierer Erzbischof erwähnt. "Faventibus archiepiscopis Arnoldo II Coloniensi, Hillino Treverensi, Fridericus dux Alemannorum in regem eligitur, et in media quadragesima Aquisgrani ab Arnoldo II archiepiscopo in regem ungitur".

Der Akklamation des populus, welcher in der Aachener Kirche mitversammelt war, gedenkt Friedrich I. in seiner Wahlanzeige besonders. Dort steht: "... cum benivola populi acclamatione in oppido Aquisgrani". Zu welchem Zeitpunkt der sakralen Thronerhebung diese stattfand, läßt sich aus der Quelle aber nicht erkennen.

Ihren Schlußpunkt fand die Weihe in der üblichen Form, als Friedrich, mit den Reichsinsignien versehen, auf dem Aachener Karlsthron Platz nahm.

Ist vom genauen Verlauf der sakralen Thronerhebung auch nur wenig aus den Quellen zu erkennen, so wird doch der Stellenwert deutlich, der diesem Komplex zuzumessen ist. Friedrich selbst erklärte in der schon zitierten Wahlanzeige an Papst Eugen III., seine Herrschaft durch Wahl und Weihe erhalten zu haben und stellte damit beide Thronerhebungsakte gleichwertig nebeneinander. "Nos vero in multiplicibus regiae dignitatis ornamentis, quibus partim per laicorum principum obsequia, partim per reverendas pontificium benedictiones vestiti sumus, regium animum induimus (...)". Sowohl Wahl als auch Weihe waren für ihn damit notwendige Rechtsakte bei der deutschen Königswahl.

2.3. Die Wahl Heinrich VI.

 

Zwei Jahre nach der schweren Malariakatastrophe des vierten Italienzuges, der er selbst nur knapp entronnen war, entschloß sich Friedrich I. Barbarossa, seine eigene Nachfolge zu regeln. Der zum damaligen Zeitpunkt etwa fünfundvierzig Jahre alte Kaiser sah sich auch aus Altersgründen gezwungen, "Vorsorge für den Verbleib des Königtums in seinem Hause zu treffen". Zu Pfingsten 1169 ließ Barbarossa deshalb seinen zweitgeborenen Sohn Heinrich auf dem Reichstag in Bamberg zum Mitkönig wählen.

In der Forschung galt diese Nachfolgeregelung Barbarossas lange als umstritten, da er seinen erstgeborenen Sohn Friedrich damit übergangen hatte. Heute kann man aber mit Sicherheit davon ausgehen, daß die Erhebung Heinrichs die erste und einzige Nachfolgeregelung darstellt, die Barbarossa traf. Der Grund für die Erhebung des zweitgeborenen Heinrichs ist in einer bereits angeborenen körperlichen Schwäche seines älteren Bruders zu sehen. Tatsächlich starb dieser dann noch in der zweiten Hälfte des Jahres 1169.

Friedrich Barbarossa bot sich aber mit der in Aussicht gefaßten Wahl des gerade erst vierjährigen Heinrich auch eine politische Chance: Heinrich sollte als Mitkönig die Verständigung Friedrichs mit Papst Alexander III. erleichtern, die Friedrich seit dem Tode Papst Paschalis im September 1168 suchte. Der neue König hätte sich nämlich in die Oboedienz Alexanders begeben können, da er als kleines Kind nicht die Würzburger Eide von 1165 geleistet hatte. Im Gegenzug sollte dann der Papst den jungen Staufer zum Mitkaiser krönen. Friedrich I. selbst war an die Würzburger Eide gebunden, Alexander niemals anzuerkennen. Er wollte sich jedoch auch Papst Calixt III. nicht anschließen, und das Schisma wäre somit faktisch beendet gewesen. Die diesbezüglichen Verhandlungen der kaiserlichen Gesandtschaft, die sich aus Bischof Eberhard von Bamberg und zwei Zisterzienseräbten zusammensetzte, kamen jedoch mit Papst Alexander nicht zustande. Folglich war bei Heinrichs Erhebung zu Pfingsten 1169 in Sachen Schisma alles beim Alten geblieben.

Über den genauen Ablauf des Bamberger Reichstages und die Wahl Heinrichs VI. lassen die Quellen nur wenig erkennen. Fest steht allerdings, daß der Reichstag vom achten bis zum dreiundzwanzigsten Juni 1169 dauerte. "Inperator celebravit curiam generalem et valde celebrem apud Babenberg in diebus pentecostes, quod evenerat tunc in 6. Idus Iunii ...". Die Annales Palidenses erwähnen zwar den vierundzwanzigsten Juni, doch liegt hier eine Verwechslung des Bamberger mit dem Erfurter Reichstag des gleichen Jahres vor: "Inperator curiam habuit Erpesford in natale sancti Iohannis baptiste, ubi filius eius Heinricus in regem eligitur, et in assumtione sancte Marie Aquisgrani ungitur".

Die Initiative zur Wahl Heinrich VI. ging - wie bereits gezeigt - vom Kaiser selbst aus. Friedrich I. hielt zu jener Zeit die Herrschaft in festen Händen und hegte keinen Zweifel an der Bereitschaft der Großen, seinen Sohn zum Mitkönig zu erheben. Die eigentliche Auswahl des Kandidaten traf damit der Kaiser selbst. Dennoch ist in den direkten Quellen nicht von einer Designation die Rede. Da Friedrich Barbarossa aber in eigener Person unter seinen drei Söhnen Friedrich, Heinrich und Konrad auswählte, ist eine Designation im Mitteisschen Sinne nicht von der Hand zu weisen.

Über den Ablauf von Heinrichs Wahl wissen die Pegauer Annalen folgendes zu berichten: "Imperator Fridericus curiam habuit in Babinberc, ubi Christiano episcopo vice eius proloquente, Heinricus, filius imperatoris quinquennis, in regem eligitur (...)". Demnach zu urteilen ließ der Kaiser den Kandidaten stellvertretend durch Erzbischof Christian von Mainz den Wählern präsentieren (Christiano episcopo vice eius proloquente). Uta Reinhardt versteht die zitierte Stelle so: "Erzbischof Christian von Mainz scheint einen Wahlvorschlag gemacht zu haben und gab wohl auch als erster seine Stimme ab. Aber nicht für sich oder als Vertreter der übrigen Wähler, sondern als Vertreter Friedrichs I.".

Bei der Wahl seines Sohnes durch die Fürsten hielt sich Friedrich Barbarossa bewußt im Hintergrund und wollte so deren Wahlrecht zumindest nach außen hin gewahrt wissen. "Um jeden Anschein der Vergewaltigung der Fürsten durch die kaiserliche Macht, zu vermeiden, ließ er seine Stimme durch einen Stellvertreter abgeben".

Die Rolle der Großen beschränkte sich allerdings wohl kaum auf eine bloße formelhafte Anerkennung des väterlichen Wunsches. Eine übermäßige Betonung der Folgepflicht im Mitteisschen Sinne scheidet wohl aus. Denn sicherlich ist auch in Betracht zu ziehen, daß Barbarossa selbst erst wenige Jahre zuvor Grundsätze für die Wahl zum deutschen König aufgestellt hatte. Nach diesen Erklärungen zum Wahlrecht sollte gewiß auch bei der Erhebung Heinrich VI. verfahren werden, und so steht der Annahme einer freien Wahl der Fürsten nichts im Wege.

In welcher Form die Fürsten dem Wahlvorschlag anschließend zustimmten, ist nicht bekannt. In der Chronica collecta a Magno Presbytero wird nur gesagt, die Fürsten hätten die Wahl durch "consensu et collaudatione" angenommen. Die direkten Teilnehmer am Wahlakt rekonstruiert Ulrich Schmidt aus einer kaiserlichen Urkunde vom 23. Juni.

Allgemein scheint die Rolle der Fürsten 1169 - im Gegensatz zur Wahl Friedrichs - jedoch wieder zurückgedrängt worden zu sein. Aus den Quellen läßt sich weder ein eventueller Widerstand gegen die Erhebung Heinrich VI. erkennen, noch sind direkte und konkrete Wahlversprechungen an die Fürsten bekannt. Einzig in den Annales Cameracenses ist im weitesten Sinn von einer Besprechung die Rede: "Fredericus imperator reginae consilio atque archiepiscoporum seu episcoporum, ducum ac comitum sive procerum Theutonici regni, filium suum (...) sublimavit". Ob mit dieser Besprechung aber die Erhebung Heinrichs oder der Bamberger Reichstag im Ganzen gemeint ist, bleibt offen. Friedrich Barbarossa konnte sich also der Bereitschaft der Fürsten, seinen Sohn zu erheben, sicher sein. Da keine Widerstände der Großen sichtbar sind, trafen sich auf dem Bamberger Reichstag wohl die Interessen beider Seiten.

Zwei Monate nach den Bamberger Ereignissen fand am fünfzehnten August in Aachen die Krönung Heinrich VI. statt: "... et in festo sancti Iohannis baptisae Aquisgrani intronizatur". Diese wurde nach Lage der Quellen wohl in herkömmlicher Art und Weise vollzogen. Den relativ großen Zeitabstand zwischen Wahl und Krönung erklärt Schmidt mit andauernden Verhandlungen zwischen Barbarossa und Papst Alexander III. "Es ist gut vorstellbar, daß man auf kaiserlicher Seite immer noch ein Signal aus Rom erwartete und erst dann, als es offensichtlich wurde, daß mit keinem Entgegenkommen Alexanders zu rechnen war, die Krönung Heinrichs (...) vornehmen ließ".

Die Sohneswahl von 1169 konnte aber durchaus auch den Eindruck der Erblichkeit des Königsthrones hervorrufen. Die Chronica Reinhardsbrunnensis von 1192 bemerkt: "Frederico Romanorum imperatore mortuo, Heinricus illustris, maior natu filiorum ipsius, Romani monarchiam apicis longe ante patris mortem quasi successione hereditaria, eleccione tamen principum Aquisgrani obtinuit". Sie verbindet demgemäß die Erbfolge mit der Fürstenwahl. Gemeinsam mit Heinrich Mitteis könnte man in der Tat bei der Erhebung Heinrich VI. von einer gelungenen Rückkehr zur Thronfolge nach Geblüts- und Erbrecht sprechen.

Nach Abschluß des weltlichen Thronerhebungsaktes in Bamberg und des sakralen in Aachen war Heinrich VI. nun zum vollgültigen König an der Seite seines Vaters erhoben. Ohne weiteren förmlichen Akt folgte er später seinem Vater als alleiniger Herrscher im Amte nach.

 

3. Fazit

Die Untersuchungen haben gezeigt, daß es sich als schwierig erweist, die deutschen Königswahlen verallgemeinerd darzustellen. Zwar basieren alle Thronerhebungen vor 1198 auf den gleichen rechtlichen Grundlagen, doch hinsichtlich deren Reichweite und Zusammenwirken bestehen doch große Unterschiede. Nicht zuletzt die Diskussion um den Begriff der Designation dürfte ergeben haben, daß jede Königswahl einzeln zu untersuchen ist.

Auch die Erhebungen Friedrich I. Babarossas und Heinrich VI. folgen den gleichen inneren Baugesetzen von Designation, Geblütsheiligkeit und Wahl, allerdings mit stark unterschiedlicher Akzentuierung.

Unterschiede zwischen beiden Erhebungen zeigen sich schon bei dem Begriff der Designation. Lag bei Heinrich VI. eine vollständige Erhebung im Sinne der ‚designatio de praesenti‘ vor, so handelte es sich bei der Wahl Barbarossas um eine völlig freie Wahl. Konrad III. hatte mit der Insignienübergabe an Friedrich I. lediglich eine Nachfolgeempfehlung an die Großen zum Ausdruck gebracht. Da dieser Empfehlung keine rechtsverbindliche Wirkung zukam, waren die Fürsten damit bei der Auswahl des Kandidaten für die Königsnachfolge auch nicht an eine Folgepflicht gebunden. Im Falle Heinrich VI. hingegen hatte Barbarossa selbst die Kandidatenkür seines zweitgeborenen Sohnes übernommen. Entsprechend seiner damaligen Autorität als Herrscher folgten die Fürsten seinem Vorschlag.

Die geblütsrechtlichen Einflüsse waren bei beiden Erhebungen bereits in den Hintergrund getreten. Dennoch betrachteten sich die Staufer als legitime Nachfolger vormaliger Herrschergeschlechter und damit als Vermittler des Königsheils.

Sowohl 1152 als auch 1169 erfolgten die Wahlen einstimmig. In beiden Fällen kann man von einer freien Wahl ausgehen, auch wenn die Quellen über den konkreten Ablauf der Thronerhebung nur wenig erkennen lassen. Insbesondere bei der Mitkönigserhebung Heinrichs hielt sich Barbarossa wohl im Hintergrund und wollte so seine Wahlrechtsgrundsätze von 1165 gewahrt wissen. Während er bei seiner eigenen Wahl aber eine eventuelle Gegnerschaft mittels Wahlversprechungen ausschalten mußte, war dies bei Heinrich VI. nicht der Fall. Trotz der Tatsache, daß die Fürsten Barbarossas minderjährigen Sohn zum Nachfolger erhoben und damit scheinbar zum Erbrecht am Thron zurückkehrten, liegen über gegebene Wahlversprechungen keinerlei Zeugnisse vor.

Dennoch steht fest, daß beidemal einzig und allein die Fürsten den Herrscher erhoben. Sie waren nach dem Investiturstreit zu Teilhabern am Reich geworden und an ihnen war bei einer Regelung der Thronfolge nicht vorbeizugehen. Ein päpstlicher Einfluß hingegen scheidet 1152 wie auch 1169 aus. Zwar suchte Friedrich I. im Vorfeld der Wahl Heinrich VI. noch die Verständigung mit Papst Alexander III., doch kam diese letztlich nicht zustande. Der sakrale Thronerhebungsakt Heinrich VI. erfolgte jedoch erst nach diesem endgültigen Scheitern, während Barbarossas Aachener Weihe im unmittelbaren Anschluß an die Frankfurter Wahl stattfand. In seiner Wahlanzeige an den damaligen Papst Eugen III. bat Barbarossa aber nicht um eine Approbation. Gleichwohl war in beiden Fällen der Weiheakt in Aachen ein konstitutives Element zur vollgültigen Königserhebung. Insbesondere Friedrich I. Barbarossa nannte Wahl und Weihe als Ursprung seiner Herrschaft.

Abschließend läßt sich feststellen, daß die Forderung nach der freien Wahl beiden Thronerhebungen ihren Stempel aufdrückte. Die ursprüngliche Volkswahl wurde mehr und mehr zurückgedrängt. Statt dessen trat langsam die Auffassung hervor, die freie Verfügbarkeit des Königsthrons läge in den Händen der Großen. Auch die späteren Rollen einzelner Fürsten und Erzbischöfe wurden bereits sichtbar. Ein letztes nochmaliges Aufbäumen des Erbreichgedankens fand man in dem Versuch der Nachfolgeregelung Heinrich VI. aus dem Jahre 1195.

Den zukünftigen Entwicklungen des Thronfolgerechts im dreizehnten Jahrhundert war aber bereits der Boden bereitet. Auf dieser Grundlage konnte nach der Doppelwahl von 1198 eine endgültige Abkehr von der Volkswahl hin zur reinen Fürstenwahl erfolgen.

 

4. Literaturverzeichnis

 

4.1. Quellenpublikation:

 

Böhme,Walter: Die deutsche Königserhebung im 10.-12. Jahrhundert. Heft 2: Die Erhebungen von 1125 bis 1198. Göttingen 1970.

 

4.2. Sekundärliteratur:

 

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Engels, Odilo: Die Staufer. 5. Auflage, Stuttgart, 1993.

Fuhrmann, Horst: Deutsche Geschichte im hohen Mittelalter. In: Leuscher, Joachim (Hrsg.): Deutsche Geschichte (Sonderausgabe). Band 1, Mittelalter. Göttingen 1985.

Giese, Wolfgang: Zu den Designationen und Mitkönigserhebungen der deutschen Könige des Hochmittelalters (936 - 1237). In: ZRG GA 92 (1975).

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Haider, Siegfried: Die Wahlversprechungen der römisch-deutschen Könige bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts. Wien 1968.

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Mitteis, Heinrich: Die deutsche Königswahl. Ihre Rechtsgrundlagen bis zur Goldenen Bulle. Darmstadt 1965.

Reinhardt, Uta: Untersuchungen zur Stellung der Geistlichkeit bei den Königswahlen im Fränkischen und Deutschen Reich (751-1250). Marburg 1975.

Schmidt, Ulrich: Königswahl und Thronfolge im 12. Jahrhundert. Köln/Wien 1987.

Spille-Menslage, Renate: Geblütsrecht und Wahlrecht im Mittelalter, gezeigt an den staufischen Königswahlen. In: Genealogisches Jahrbuch 4 (1964).

Unverhau, Dagmar: Approbatio - Reprobatio. Studien zum päpstlichen Mitspracherecht bei Kaiserkrönung und Königswahl vom Investiturstreit bis zum ersten Prozeß Johanns XXII. gegen Ludwig IV. Lübeck 1973.