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Referat zum Thema: "Betriebsratsschulungen"

 

 

1. Der § 37 BetrVG - Allgemeines

 

Der in § 78 BetrVG geregelte Grundsatz, daß die Betriebsratsmitglieder (im folgenden BR-Mitglieder) "in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden dürfen", wird im § 37 BetrVG präzisiert. Grundsätzlich gilt, daß "sie wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden dürfen..." Zweck dieser Vorschrift ist die Sicherung der äußeren und inneren Unabhängigkeit der BR-Mitglieder, um eine ordnungsgemäße und sachdienliche BR-Arbeit zu gewährleisten (im Zusammenhang mit den §§ 38, 40, 78, 78a, 103 BetrVG und §§ 15 f. KSchG).

 

1.2 Abs. 6 und 7 des § 37 BetrVG

 

Sinn des Gesetzes über die Schulungs- und Bildungsveranstaltungen für BR-Mitglieder ist, daß sie die notwendige Qualifikation, die sie zur Bewältigung ihres entsprechenden Aufgabenbereiches benötigen, erlangen und damit ausreichend Kenntnisse zur Mitwirkung haben. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Möglichkeiten der Arbeitsbefreiung für Schulungsmaßnahmen. Im Abs. 7 wird der generelle Anspruch auf bezahlte Freistellung (während der regelmäßigen Amtszeit, Anspruch auf 3 Wochen) geregelt, welcher sich auf Schulungsveranstaltungen bezieht, die von der obersten Arbeitsbehörde als "geeignet anerkannt" sein müssen. Nach Abs. 6 hingegen, besteht lediglich ein Anspruch auf bezahlte Freistellung, wenn die Erforderlichkeit der Schulungsveranstaltungen gegeben ist. Der Unterschied zwischen diesen beiden Absätzen besteht also darin, daß nach Abs. 7 die Schulungsveranstaltung "nur allgemein geeignet", nach Abs. 6 die "Erforderlichkeit" für den Anspruch gegeben sein muß.

Diese zwei Anspruchsgrundlagen nach Abs. 6 und Abs. 7 stehen selbständig nebeneinander und dienen der "Herstellung der intellektuellen Waffengleichheit" zwischen Arbeitgeber und BR . "Bei dem Anspruch nach Abs. 7 handelt es sich grundsätzlich um einen Individualanspruch des einzelnen BR-Mitglieds; Abs. 6 stellt dagegen auf die Bedürfnisse des Kollektivorgans BR ab".

 

 

2. § 37 Abs. 6 BetrVG

 

(6) Absatz 2 gilt entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekanntzugeben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

 

 

Grundsätzlich haben sämtliche BR-Mitglieder das Recht auf die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Wissen vermitteln, welches zur Ausführung der BR-Aufgaben erforderlich ist. Dabei haben BR-Mitglieder den Anspruch auf die Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts. Erforderliche Kenntnisse sind solche, die für die Ausführung der Aufgaben des Tätigkeitsfeldes eines BR-Mitglieds alsbald oder demnächst Zeit zur Erfüllung der entsprechenden Aufgaben benötigt werden. "Durch diese Regelung wird klargestellt, daß die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen zu den Amtsobliegenheiten des BR gehört". Demnach hat also ein BR-Mitglied nicht lediglich den Anspruch derartigen Maßnahmen beizuwohnen, es besteht sogar eine Teilnahmepflicht, wenn gefordertes Wissen nicht vorhanden ist. Bei Verweigerung der Teilnahme einer Schulungsveranstaltung, kann i.S.d. § 23 Abs. 1 eine Pflichtwidrigkeit vorliegen.

 

Erforderliche Kenntnisse können i.S.d. Vorschrift sowohl Grund- als auch Spezialwissen sein. Da z.B. für allgemeines Grundwissen des BetrVG prinzipiell kein konkretes betriebliches Motiv vorhanden sein muß, ist die Unterscheidung zwischen Grund- und Spezialwissen schwierig und individuell fließend. Der BR hat hier einen bestimmten Beurteilungspielraum, jedoch muß beachtet werden: "Die Freistellung nach § 38 berechtigt den BR nicht, freigestellte BR-Mitglieder zu Schulungsmaßnahmen zu entsenden, die keine erforderlichen Kenntnisse i.S.d. Abs. 6 vermitteln".

 

Fundamentale Kenntnisse des BetrVG sind für sämtliche BR-Mitglieder zwingende Grundlage für die BR-Arbeit. "Die Vermittlung von Grundkenntnissen beschränkt sich nicht nur auf Einführungslehrgänge, sondern erfaßt auch spezielle, abgeschlossene Teilgebiete des Gesetzes, ohne daß es im Regelfall der Darlegung einer besonderen betrieblichen Situation, die solche Kenntnisse erforderlich macht, bedarf". Ebenfalls erforderlich ist ein bestimmtes Grundwissen des Arbeitsrechts und besonders des Arbeitsschutzrechts. Auch hier muß kein konkretes betriebliches Motiv vorhanden sein. Die Teilnahme an derartigen Veranstaltungen muß dem Arbeitgeber nicht näher begründet werden. Grundkenntnisse des BetrVG können ebenso nach langjähriger Tätigkeit sowie nach erstmaliger Wiederwahl erforderlich sein, soweit diese für die betriebliche Situation vom BR-Mitglied benötigt werden. Dieser Anspruch entfällt jedoch, wenn das BR-Mitglied durch langjährige Tätigkeit im BR-Bereich über diese grundlegenden Kenntnisse verfügt. Sollte das auf ein BR-Mitglied jedoch im Einzelfall nicht zutreffen, so ist dies in diesem Falle dem Arbeitgeber näher zu begründen.

 

Nach Abs. 6 haben also sämtliche BR-Mitglieder Anspruch auf die Vermittlung von Grundkenntnissen hinsichtlich der gesamten BR-Tätigkeit, soweit sie über derartige Kenntnisse noch nicht verfügen;

 

BR-Mitglieder mit speziellen Aufgaben haben darüber hinaus einen erhöhten Bildungsbedarf. Z.B. haben BR-Vorsitzende, stellvertretende Vorsitzende oder freigestellte BR-Mitglieder entsprechend ihres Tätigkeitsbereiches einen höheren Bedarf an aufgabenspezifischen Kenntnissen. Hierbei muß nicht bewiesen werden, ob ein konkretes betriebliches Motiv vorliegt.

 

Die Berechtigung zur Teilnahme an Schulungen, dessen Inhalte auf die Vermittlung von Spezialkenntnissen abzielen, ist nur dann gegeben, wenn der BR diese für seine Tätigkeit alsbald oder demnächst benötigt. D.h., daß ein konkretes betriebliches Motiv vorhanden sein muß. Bemerkenswert ist noch, daß der BR, soweit er nach den §§ 80, 87, 92 ein Initiativrecht besitzt, ein Thema zu einem "demnächst anstehenden" machen kann. Zu beachten ist hierbei jedoch, daß die erworbenen Kenntnisse für betriebliche bzw. aufgabenspezifische Zwecken verwendbar sein müssen.

 

Sollte der Bedarf zur Vertiefung vorhandener Kenntnisse betreffend des Betriebsverfassungsrechts, des Arbeitsrechts, der Arbeitssicherheit vorhanden, da dem BR in diesen Gebieten z.B. Beteiligungsrechte zustehen, so kann i.S.d. Abs. 6 die Erforderlichkeit der Schulungsmaßnahme gegeben werden, wenn diese der Bedarf begründet und ggf. auch nachgewiesen werden kann. Bei Bedarf von theoretischem Wissen, welches zur Ergänzung der praktischen Kenntnisse dienen soll, gilt entsprechendes. Begründet wird dies damit, daß aufgrund von umfassenden praktischem Wissen durch langjährige Tätigkeit die Bedürftigkeit an theoretischem Wissen nicht ersetzt wird.

 

Zur Aktivierung und ggf. auch Erweiterung von vorhandenen Kenntnissen können auch Wiederholungsschulungen notwendig sein. Nachvollziehbar ist hierbei, daß z.B. allgemeine grundlegende Kenntnisse über das BetrVG nicht bei einer einmalig stattfindenden Schulung erlernt werden können und nach Jahren auch nicht mehr so präsent sind, wie sie jedoch für den Aufgabenbereich sein sollten. Vor allem sollte auch an technologische und gesetzliche Veränderungen gedacht werden, welche grundsätzlich die Erfordernis von Bildungsmaßnahmen mit sich bringen.

 

Ein Augenmerk muß ebenfalls auf die jeweilige Zusammensetzung des BR gerichtet werden. Sollte ein BR-Mitglied bereits ausreichende Kenntnisse besitzen oder ist ihm das Erlangen dieser durch andere ggf. preiswertere Möglichkeiten zuzumuten, so besteht keine Erforderlichkeit der Schulung. Auch dann besteht keine Erforderlichkeit mehr, wenn die Amtsperiode des BR-Mitgliedes nur noch wenige Wochen dauert.

 

Wichtig ist es noch zu beachten, daß nicht die Arbeitszeit des BR-Mitglieds relevant ist, i.S.d. Abs. 6 haben auch teilzeitbeschäftigte BR-Mitglieder Anspruch auf Schulungs- und Bildungsmaßnahmen.

 

2.1 "Teilweise Erforderlichkeit"

 

Bei Schulungs- und Bildungsmaßnahmen, deren Inhalte nur teilweise erforderlich sind, ist zu prüfen, ob die Mehrheit der vermittelten Inhalte erforderlich ist. Ist dies der Fall, so besteht ein Anspruch auf die Teilnahme an der gesamten Schulung, das BR-Mitglied ist demnach für die gesamte Zeit unter Fortzahlung des Entgelts freizustellen. Nicht entscheidend ist es, ob die erforderlichen Schulungsthemen den größten Teil der Maßnahme einnehmen, wenn diese voneinander deutlich zeitlich abgrenzbar sind und es dem Teilnehmer möglich ist, zeitweise an der Maßnahme teilzunehmen. Der Teilnehmer hat dann nur Anspruch auf die Freistellung für die Partizipation an den erforderlichen Inhalten.

 

2.2 Dauer einer Schulung

 

Es ist allein entscheidend, ob die Erforderlichkeit der Schulungsmaßnahme gegeben ist. Bei der gegebenen Erforderlichkeit der Maßnahme, besteht der Entgeltfortzahlungsanspruch, unabhängig von der Dauer der Schulung. "Die Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit berührt nur den Anspruch des BR-Mitglieds auf Erstattung der Kosten, die ihm aus Anlaß der Teilnahme an der Schulungsveranstaltung entstehen, nicht aber seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Für eine erforderliche Schulung besteht somit ein Entgeltfortzahlungsanspruch in vollem Umfang für die gesamte Dauer der Schulung, selbst dann, wenn die Schulung verhältnismäßig zu lange dauert".

 

2.3 Konkrete Themen

 

I.S.d. Abs. 6 sind nicht nur Schulungs- und Bildungsmaßnahmen erforderlich, die sich auf die Unterrichtung von rechtlich relevanten Themen beziehen, sondern Kenntnisse sämtlicher Gebiete, die im Rahmen der BR-Tätigkeit zur entsprechenden Ausführung dieser, benötigt werden. Neben fundamentalem Wissen (des BetrVG, des allgemeinen Arbeitsrechts, hierbei speziell des Arbeitsschutzrechts, der der BR u.a. nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 die Einhaltung von Gesetzen, Rechts-VO und TV zu überwachen hat), sind Kenntnisse betreffend leistungsbezogener Entgelte, Arbeitsschutzbestimmungen, Unfallverhütung und Arbeitssicherheit, Personalplanung, Berufsbildung, Betriebs- und Finanzwirtschaft, Betriebsorganisation und andere betriebswirtschaftliche Fragen für die Arbeit des BR von grundlegender Bedeutung.

 

"Folgende Themen haben die Gerichte für Arbeitssachen in den von ihnen entschiedenen Fällen als für die Betriebsarbeit erforderlich angesehen:

 

- dreitägige Schulungsveranstaltung über AIDS, Schulungen über Akkord- und Prämienlohn für ein BR-Mitglied, das der Akkordkommission angehört, über menschengerechte Arbeitsplatzgestaltung, über Fragen des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit, zur Vermittlung von Kenntnissen der Leistungsgradmessung, der Arbeitsgestaltung und der Prämienlohnfindung für ein Mitglied des Ausschusses für Leistungsentlohnung, über betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse (sofern die Kenntnisse benötigt werden), "Betriebsversammlung und die Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten", über "Datenschutz im Betrieb", 1 - 3 - tägige Einführung in das BetrVG, Einführungslehrgang über Arbeitsstudien, zum Thema "Gesprächs-, Diskussions- und Verhandlungsführung in der Betriebsratsarbeit" kann nach Auffassung des LAG Schleswig-Holstein (04.12.90) erforderliche Kenntnisse vermitteln, Grundkenntnisse des Arbeitsrechts (sofern das BR-Mitglied über derartige Kenntnisse nicht verfügt), für ein im Einzelhandel beschäftigtes BR-Mitglied über "Handlungspflichten und Mitbestimmungsrechte des BR bei organisatorischen und technischen Rationalisierungsmaßnahmen", über Fragen der Jugendvertretung (für Jugendfragen zuständige BR-Mitglieder), über "Lohngestaltung und Mitbestimmung im Betrieb", über einen umfangreichen Manteltarifvertrag zu Fragen der Leistungsentlohnung, Schulung über ein umfangreiches neues tarifliches Lohnrahmenabkommen, über Personalinformationssysteme (wenn der AG ein solches System eingeführt oder plant einzuführen), über die arbeitsrechtliche Bedeutung des Rentenreformgesetzes, zum Thema "Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz", zum Thema "Umweltschutz im Betrieb"

 

Folgende Themen wurden von den Gerichten für Arbeitssachen nicht als erforderlich für die BR-Arbeit anerkannt:

 

- Schulungen über allgemeine wirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Fragen, über Allgemeinwissen zu EDV-Anlagen, über Arbeitspsychologie, über Arbeitsplatzbewertung, über das Berufsbildungsgesetz und das Jugendarbeitsschutzgesetz 1960 für BR-Mitglieder mit mehrjähriger Amtszeit, über das Thema "Diskussion, Versammlung und Verhandlungstechnik", über Ansprüche von BR-Mitgliedern auf Freistellung von der Arbeit, über Gewerkschaftspolitik der Lohnfindung, zum Thema "Konzernbetriebsrat", über die Lohnsteuerrichtlinien, über "Managementtechniken für Betriebs- und Personalräte", über Rationalisierungsprobleme in volks- und betriebswirtschaftlicher Hinsicht, über die Tarifarbeit, Erläuterungen eines Tarifvertrages auf einer gewerkschaftlichen Veranstaltung mit dem Ziel, Einwände der Veranstaltungsteilnehmer gegen den Tarifvertrag kennenzulernen, über Unternehmens- und Konzernrecht sowie Aufgaben des Gesamtbetriebsrats und Konzernbetriebsrat für BR-Mitglieder, die weder einem Gesamtbetriebsrat noch einem Konzernbetriebsrat angehören".

 

 

2.4 Die Träger von Schulungsmaßnahmen

 

Nach § 37 Abs. 6 kommen als Träger von Schulungs- und Bildungsmaßnahmen vorrangig Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Universitäten und sonstige Institutionen des öffentlichen Lebens in Betracht. Wesentlich ist jedoch, daß auf den jeweiligen Veranstaltungen erforderliche Kenntnisse vermittelt werden, unabhängig von der Art des Trägers.

 

2.5 Die Freistellung

 

Nach § 37 Abs. 6 S 2 beschließt der BR, ob, wer und wann welcher Schulung beiwohnen soll. Ein BR-Mitglied ist nicht berechtigt an einer Schulung teilzunehmen, wenn kein ordnungsgemäßer Beschluß des BR vorliegt. Ordnungsgemäß ist dann ein Beschluß, wenn "in der den BR-Mitgliedern übersandten Tagesordnung die beabsichtigte Entsendung zur Schulung aufgeführt ist".

 

Bei der Frage über die Erforderlichkeit einer Schulungsmaßnahme hat der BR, wie bereits erwähnt, einen Beurteilungsspielraum, der jedoch vom Standpunkt eines "vernünftigen Dritten" aus vertretbar sein sollte. Der BR hat nach "pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden", hierbei sollten die unterschiedlichen Interessen des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer, des BR und die Situation des Betriebes in die Entscheidung mit einbezogen werden. Sollte aus der Sichtweise eines jeden Dritten der Beschluß der Erforderlichkeit einer Schulung nicht nachvollziehbar sein, so darf das jeweilige BR-Mitglied der Schulung nicht beiwohnen, hier ist sogar eine Abmahnung des BR-Mitgliedes bei Widersetzen durch den Arbeitgeber berechtigt.

 

Hierzu aus dem Aufsatz von Schiefer:

"III. Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung aufgrund Teilnahme an einer nicht nach § 37 VI BetrVG erforderlichen Schulung: Nimmt ein BR-Mitglied an einer Schulungsmaßnahme teil, die nicht erforderlich i.S. des Abs. 6 ist, so kann trotz Vorliegens eines Entsendungsbeschlusses des Betriebsrates eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung berechtigt sein....Allein aus der Beschlußfassung des BR (Entsendungsbeschluß) über die Teilnahme des BR-Mitglieds an der Schulung ergibt sich für das betroffene BR-Mitglied nicht, daß es von der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme ausgehen darf....es kommt darauf an, daß das BR-Mitglied selbst bei eigener gewissenhafter Überlegung und bei ruhiger und vernünftiger Würdigung aller Umstände seine Teilnahme an der Schulungsmaßnahme im Hinblick auf die ihm obliegenden BR-Aufgaben für erforderlich halten durfte und es deswegen davon ausgehen konnte, insoweit von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung gem. § 37 VI i.V. mit II BetrVG befreit zu sein. Dabei ist davon auszugehen, daß eine Abmahnung ihrer Warnfunktion wegen unberechtigter Teilnahme an einer Schulungsmaßnahme jedenfalls dann nachkommen kann, wenn bei sorgfältiger, objektiver Beurteilung für jeden Dritten ohne weiteres erkennbar war, daß die Teilnahme an dieser Schulungsmaßnahme für dieses BR-Mitglied nicht erforderlich war und sich das BR-Mitglied gleichwohl zur Teilnahme an der Schulungsmaßnahme entschlossen hat...".

 

 

2.6 Die Verhältnismäßigkeit

 

Bei der Beschlußfassung hat der BR nicht nur die Erforderlichkeit einer Schulung zu prüfen, auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist in jedem Fall zu berücksichtigen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besagt, daß der BR den Arbeitgeber nur mit einem zumutbaren Aufwand belasten darf, demnach muß also nicht nur die Erforderlichkeit der Schulung überprüft werden, sondern auch die vom Arbeitgeber aufzuwendenden Kosten. Hierbei muß in die Entscheidung der betriebliche Zustand, die Dauer der Maßnahme, die Entfernung des Schulungsortes und die Anzahl der Teilnehmer mit einbezogen werden. Wie bereits erwähnt, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bzw. die Erstattung der Kosten jedoch unabhängig von dem Anspruch der Entgeltfortzahlung, soweit die Erforderlichkeit der Schulung gegeben ist.

 

Beim Beschluß des Schulungstermins bzw. "der zeitlichen Lage", hat der BR die "betrieblichen Notwendigkeiten" nach Abs. 6 S. 2 einzukalkulieren. Der Arbeitgeber kann nach Abs. 6 S 4 die Einigungsstelle dann anrufen, wenn er diese vom BR nicht als ausreichend berücksichtigt empfindet. Präferenz haben betriebliche Notwendigkeiten, wenn das BR-Mitglied zum Termin der Schulung nicht oder nur mit erheblichen außerordentlichem Aufwand ersetzt werden kann. Der Arbeitgeber muß das Recht der Anrufung bei der Einigungsstelle jedoch unverzüglich wahrnehmen (2 bis 3 Tage nach dem Bescheid des Schulungstermins), ansonsten wird die "zeitliche Lage" der Schulungsteilnahme unwiderruflich. Bei der unverzüglichen Wahrnehmung des Rechts der Anrufung entscheidet die Einigungsstelle nach § 37 Abs. 6 S 5 über die "zeitliche Lage". Bis zur Klärung der Streitfrage, d. h. bis zum Beschluß der Einigungsstelle, hat der BR die Entsendung zurückzustellen. Bei einer Befürwortung ist das BR-Mitglied zur Schulungsteilnahme berechtigt. Der Arbeitgeber kann durch Anrufung des Arbeitsgerichts eine Überprüfung des Spruchs der Einigungsstelle veranlassen, dennoch ist das BR-Mitglied zur Schulungsteilnahme berechtigt, denn die Anrufung des Arbeitsgerichts hat keine "aufschiebende Wirkung". Eine Verhinderung kann der Arbeitgeber nur dadurch erzielen, indem er beim Arbeitsgericht eine "einstweilige Verfügung erwirkt, durch die dem BR-Mitglied die Schulungsteilnahme untersagt wird".

 

Nach Abs. 6 S 3 muß der BR den Arbeitgeber über die Schulungsveranstaltung umfassend und rechtzeitig informieren. Neben der Angabe über die konkreten Teilnehmer, den Zeitpunkt, die Themen, den Ort sowie den Namen des Veranstalters der Schulungsmaßnahme ist der BR zusätzlich verpflichtet, dem Arbeitgeber die Informationen zukommen zu lassen, die eine Prüfung der gegebenen Voraussetzungen für die Arbeitsbefreiung ermöglichen. Eine "Pflichtverletzung des BR" liegt dann vor, wenn der BR den Arbeitgeber gar nicht oder nicht rechtzeitig informiert. Sollte der BR die betrieblichen Notwendigkeiten und die zeitliche Lage der Schulung nicht angemessen beachtet haben, so sind die Voraussetzungen für eine bezahlte Freistellung nicht gegeben, es besteht kein Anspruch auf die Entgeltfortzahlung.

 

Bei der Teilnahme an Schulungsveranstaltungen nach Abs. 6 benötigt das BR-Mitglied grundsätzlich keine Zustimmung des Arbeitgebers, er hat sich lediglich "ordnungsgemäß abzumelden".

 

 

3. § 37 Abs. 7 BetrVG

 

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildenenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 5 findet Anwendung.

 

 

Jedes BR-Mitglied hat die Berechtigung auf bezahlte Freistellung von insgesamt drei Wochen, innerhalb seiner Amtszeit, um an Schulungsmaßnahmen teilzunehmen. Nach § 37 Abs. 7 verlängert sich die Zeit um eine Woche, bei Arbeitnehmern, die erstmalig als BR-Mitglied tätig sind (jedoch vorher auch nicht Jugend- oder Auszubildenenvertreter waren). Voraussetzung zur Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist nach Abs. 7 der Beschluß des BR "nach pflichtgemäßen Ermessen". Einem BR-Mitglied ist es untersagt, ohne diesen Beschluß an einer Schulung teilzunehmen. Ansonsten gelten dieselben Grundsätze, die in Abs. 6 geregelt sind (der BR hat den Arbeitgeber rechtzeitig zu informieren, die betrieblichen Notwendigkeiten bei der Festlegung der zeitlichen Lage zu beachten, der Arbeitgeber hat das Recht die Einigungsstelle anzurufen, die gerichtliche Geltendmachung des Freistellungsanspruchs und der Entgeltfortzahlung, für die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung).

 

Auch hier benötigt das BR-Mitglied keine Zustimmung des Arbeitgebers zur Teilnahme an Schulungen, es genügt eine Abmeldung beim Vorgesetzten.

 

Zu beachten ist hier jedoch der Individualanspruch des einzelnen BR-Mitglieds, nur der Einzelne kann den Freistellungsanspruch geltend machen, nicht der BR an sich.

3.1 Inhalte der Schulungsveranstaltungen nach Abs. 7

 

Schulungsveranstaltungen müssen von der obersten zuständigen Arbeitsbehörde als geeignet anerkannt sein. Nach Abs. 7 hat dann jedes BR-Mitglied Anspruch auf vergütete Arbeitsbefreiung innerhalb seiner gewöhnlichen Amtszeit (seit 01.01.1989 Verlängerung der Amtszeit von drei auf vier Jahre, § 21). Der Anspruch besteht für einen Schulungsumfang von drei bzw. vier Wochen (die Dauer der Schulungsveranstaltungen wurde trotz der Verlängerung der Amtszeit nicht entsprechend verlängert).

 

Nach Abs. 7 bedürfen die Themen einer Schulungsmaßnahme nicht der Erforderlichkeit für die BR-Mitglieder, relevant ist hier, ob die Schulungsveranstaltung als "geeignet" anerkannt ist und ob sie dem BR-Mitglied Kenntnisse für seinen Aufgabenbereich vermitteln, die förderlich oder nützlich sind (es können jedoch erforderliche Kenntnisse vermittelt werden; hier kann der BR nach Abs. 6 einen Freistellungsanspruch geltend machen, um eine Anrechnung auf den Anspruch nach Abs. 7 zu vermeiden...)

 

Bemerkenswert ist, daß hier jedes einzelne Thema der Schulungsmaßnahme geeignet sein muß, ist dies nicht der Fall, so muß die gesamte Veranstaltung von der entsprechenden Behörde anerkannt oder verweigert werden.

 

Für den Arbeitgeber ist insgesamt nur die Anerkennung der Schulung durch die zuständige oberste Arbeitsbehörde entscheidend.

 

Von den Gerichten für Arbeitsstunden sind folgende Themen als für die BR-Arbeit nach Abs. 7 als geeignet anerkannt worden:

 

- Berufliche Bildung

- Betriebliche Altersversorgung

- Diskussion, Versammlungs- und Verhandlungstechnik

- Mitbestimmung und Wirtschaftsdemokratie

 

Folgende Themen wurden als ungeeignet abgelehnt:

 

- Demokratische Organisationsstruktur einer Großorganisation

- Fragen der Deutschland- und Ostpolitik

- Grundzüge und Kritik der kapitalistischen Wirtschaftsordnung

- Lernen wie man lernt

- Macht und Herrschaft in der industriellen Gesellschaft der Gegenwart

- Modernisierung des öffentlichen Dienstes

- Wesen und Bedeutung der Massenmedien

 

Die zuständige oberste Arbeitsbehörde des Landes ist die örtlich zuständige, in dem der Träger der Schulungsveranstaltung seinen Sitz hat.

 

Die Entscheidung einer Arbeitsbehörde über "das Geeignetsein" einer Schulungsveranstaltung ist ein Verwaltungsakt, welcher von dem Träger und den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände angefochten werden kann. Dem einzelnen Arbeitgeber steht jedoch kein Anfechtungsrecht zu.

 

 

4. Die Kosten

 

§ 40 BetrVG Kosten und Sachaufwand des BR

(1) Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.

(2) Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel und Büropersonal zur Verfügung zu stellen.

 

 

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber grundsätzlich sämtliche Kosten zu tragen, die durch die Tätigkeit des BR entstehen. Hierbei ist zu beachten, daß "nur die Kosten, die nach pflichtgemäßer Beurteilung erforderlich sind, um die BR-Aufgaben ordnungsgemäß durchzuführen", vom Arbeitgeber zu erstatten sind, d.h. die Kosten, die im Rahmen der ordnungsgemäßen BR-Tätigkeit entstanden sind. "Die Kosten müssen dabei immer in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Aufgabe stehen". Es ist folglich darauf zu achten, daß der Arbeitgeber nur die Kosten zu erstatten hat, "die nach allgemeiner Meinung" erforderlich sind. Ob die Kosten erforderlich sind oder nicht, ist dadurch zu beurteilen, ob der BR zu dem Zeitpunkt der Entstehung dieser "bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände die Kosten für erforderlich halten durfte". Auch hier ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. D.h., daß der BR nur Anspruch auf die Erstattung der Kosten hat, die durch die Auswahl der preiswertesten Methode entstanden sind.

 

Da der Arbeitgeber ausschließlich die Kosten zu erstatten hat, dessen Erforderlichkeit gegeben ist, sind diese vom BR nachzuweisen. D.h. "der Arbeitgeber muß dem BR die konkret entstandenen Aufwendungen ersetzen. Eine pauschale Abgeltung,..., ist unzulässig".

 

Hierzu Schiefer:

"Das BAG hat mit einer Entscheidung vom 15.01.92 in bezug auf gewerkschaftliche Schulungsveranstaltungen festgestellt, daß der Arbeitgeber nur dann zur Erstattung der im Zusammenhang mit einer Schulungsveranstaltung gem. § 37 VI BetrVG entstandenen Kosten verpflichtet ist, wenn im einzelnen aufgeschlüsselt wird, aus welchen Positionen sich der Kostenerstattungsanspruch zusammensetzt....In bezug auf Veranstaltungen durch private Träger hatte zuletzt das LAG Hamm mit Entscheidung vom 29.06.94 - 3 TaBV 2/94 - die - zutreffende - Auffassung vertreten, daß die Aufschlüsselungspflicht unabhängig davon besteht, ob es sich um einen gewerkschaftlichen oder sonstigen Schulungsträger handelt. Der Arbeitgeber sei nur dann zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn die geltend gemachten Kosten im einzelnen aufgeschlüsselt werden...".

 

Eine Kostenpauschale kommt nur dann in Betracht, wenn in dem jeweiligen Betrieb die Arbeitnehmer "für bestimmte Aufwendungen ohne die Pflicht der Einzelnachweise eine Kostenpauschale erhalten"; auch dann kann der BR ohne Einzelnachweise eine Kostenpauschale "verlangen". Hier kann der Arbeitgeber den BR auch darauf verweisen. Teilzeitbeschäftigte BR-Mitglieder haben jedoch grundsätzlich die Möglichkeit der Einzelabrechnung , deshalb, um eine Schlechterstellung der Teilzeitbeschäftigten gegenüber der Vollzeitbeschäftigten zu vermeiden. Dies ist dann der Fall, wenn die "Abrechnung nach den betrieblichen Reisekostenlinien, die die Höhe der Kostenpauschale nach dem Jahreseinkommen staffeln", denn Teilzeitbeschäftigte liegen mit ihrem Jahreseinkommen grundsätzlich unter dem der Vollzeitbeschäftigten.

 

Auf die Frage nach der Benachteiligung bzw. Ungleichbehandlung von teilzeitbeschäftigten BR-Mitgliedern werde ich noch im einzelnen eingehen.

 

 

4.1 Kostenerstattung wegen der Teilnahme an Schulungsveranstaltungen nach Abs. 6

 

Interessant ist nun die Frage nach der Kostenerstattung bei Kosten, die aufgrund der Teilnahme an Schulungsveranstaltungen entstehen. "Diese Frage zählt zu den umstrittensten Problemen des BetrVG 1972". Grundsätzlich steht dem BR die Erstattung dieser Kosten zu, da die Teilnahme an Schulungen (dessen Erforderlichkeit jedoch gegeben sein muß) zur Ausführung der Aufgaben des BR erforderlich ist. Wie bereits erwähnt ist der BR sogar verpflichtet, an Maßnahmen, die unbedingt notwendige für den Aufgabenbereich des BR Kenntnisse vermitteln, teilzunehmen. Hier muß selbstverständlich geprüft werden, ob sämtliche Voraussetzungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG für eine bezahlte Freistellung gegeben sind. Nur dann ist der Arbeitgeber verpflichtet, für den Aufwand aufzukommen. Fahrtkosten, Unterbringungskosten, Verpflegungskosten etc. sind ohne weiteres zu erstatten. "Jedoch ist hier in besonderem Maße der Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu beachten". In dem Fall, daß die Kosten nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, ist der Arbeitgeber nur für die Erstattung der der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Kosten verpflichtet.

 

Kosten der persönlichen Lebensführung, wie z.B. Getränke-, Tabakkosten etc., sind grundsätzlich nicht vom Arbeitgeber zur erstatten.

 

Teilnehmergebühren des Veranstalters sind gleichermaßen vom Arbeitgeber zu erstatten, auch wenn der Träger der Schulungsmaßnahme eine Gewerkschaft ist, die nach § 37 Abs. 6 eine Schulungsmaßnahme durchführt, so ist diese in dem Fall nicht als Koalition zu betrachten, sie übernimmt hier vielmehr eine Funktion zur Unterstützung, demnach verstößt hier die Kostenerstattungspflicht des Arbeitgebers nicht gegen die Prinzipien des Koalitionsrechts.

 

Dazu Schiefer: "Da die finanzielle Unabhängigkeit der sozialen Gegenspieler koalitionsrechtlich gewährleistet ist, kann kein Verband zur Finanzierung des gegnerischen Verbandes verpflichtet werden. Die Gewerkschaften dürfen zwar auch selbst Schulungs- und Bildungsveranstaltungen nach § 65 I, 37 VI BetrVG durchführen, ohne die dadurch anfallenden Kosten selbst tragen zu müssen. Sie dürfen aber aus diesen Schulungen zumindest keinen Gewinn erzielen".

 

 

4.2 Kostenerstattung wegen der Teilnahme an Schulungsveranstaltungen nach Abs. 7

 

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet für die Kosten der Teilnahme an Schulungen nach Abs. 7 aufzukommen, da diese Schulungsveranstaltungen keine erforderlichen Kenntnisse vermitteln, sondern nur förderliche oder nützliche. Ist jedoch der Tatbestand gegeben, daß auf der Veranstaltung erforderliche Kenntnisse vermittelt werden, so kann das BR-Mitglied die im entstandenen für die Veranstaltung notwendigen Kosten Erstattung verlangen. Sollte auf einer Schulungsveranstaltung der vorwiegende Teil der Themen erforderliche Kenntnisse betreffen, so kann die Erstattung der Aufwendungen beansprucht werden, wenn die gesamte Veranstaltung als nach Abs. 6 erforderlich betrachtet werden kann.

 

Bei dem Kostenerstattungsanspruch gelten dieselben Grundsätze wie im Abs. 6.

 

 

5. Die Frage nach der Ungleichbehandlung von teilzeitbeschäftigten gegenüber vollzeitbeschäftigten BR-Mitgliedern

 

Grundsätzlich steht teilzeitbeschäftigten BR-Mitgliedern kein Anspruch auf Freizeitausgleich zu, wenn sie über ihre persönliche Arbeitszeit hinaus an Schulungsveranstaltungen teilnehmen. Dazu möchte ich auf vorerst auf ein vom BAG gefälltes Urteil vom 27.06.90, dessen Leitsatz folgendermaßen lautete: " Nimmt ein BR-Mitglied außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit an einer Schulungsveranstaltung gem. § 37 Abs. 6 BetrVG teil, so hat es keinen Anspruch auf Freizeitausgleich oder Mehrarbeitsvergütung nach § 37 Abs. 3 BetrVG."

 

Diese Ansicht wird weiterhin vom BAG vertreten. Die heftig diskutierte Frage, ist nun die, ob diese deutsche Regelung dem "Grundsatz des gleichen Entgelts" im Sinne des Art 119 EG-V und der Richtlinie 75/117 entspricht oder gegen ihn verstößt, und ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht wegen mittelbarer Geschlechterdiskriminierung vorliegt, und zwar dann, wenn diese Regelung ebenfalls bei teilzeitbeschäftigten BR-Mitgliedern angewendet wird, da statistisch bewiesen, vornehmlich Frauen teilzeitbeschäftigt sind.

 

Das LAG hat mit dem Beschluß vom 24.10.90 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen die problematische Angelegenheit erstmalig dem EuGH vorgelegt, aufgrund eines eines Rechtstreites, in dem die teilzeitbeschäftigte Klägerin ihren Arbeitgeber dazu auffordert, ihr die über ihre Arbeitszeit hinaus aufgewendete Zeit (aufgrund einer Schulungsteilnahme), zu vergüten. Der Arbeitgeber bezahlte der Klägerin entsprechend ihrer Arbeitszeit die nicht geleisteten Arbeitsstunden, jedoch erhielt sie keine Vergütung für die außerhalb ihrer Arbeitszeit absolvierten Fortbildungsstunden. Die Klägerin erhob beim Arbeitsgericht Berlin Klage auf Vergütung der zusätzlichen Arbeitszeit. Mit dem Urteil vom 18.05.90 verurteilte des Arbeitsgericht den Arbeitgeber dazu, der Klägerin eine bezahlte Arbeitsfreistellung für die Dauer von 50,3 Stunden statt 29,25 Stunden zu gewähren. Der Arbeitgeber legte Berufung beim LAG Berlin ein. Dieses Gericht hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

 

"Ist mit Art. 119 EWG-Vertrag und mit der Richtlinie des Rates vom 10.02.75 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen (75/117/EWG) vereinbar, wenn eine gesetzliche Regelung zwar BR-Mitgliedern für Arbeitszeit, die wegen der Teilnahme an Schulungen (welche für die BR-Arbeit erforderliche Kenntnisse vermitteln) ausfällt, Vergütung sichert (Lohnausfallprinzip), jedoch teilzeitbeschäftigten BR-Mitgliedern, die für die Schulung über ihre individuelle Arbeitszeit hinaus Zeit aufwenden müssen, einen Ausgleich in Freizeit und/oder Geld für diesen zusätzlichen Zeitaufwand auch bis zur Höhe der betrieblichen Vollarbeitszeit verweigert, obwohl der Anteil der Frauen, die von dieser Regelung betroffen werden, wesentlich höher ist als der Anteil der Männer?"

 

Am 04.06.92 fällte der EuGH das folgendes Urteil (sog. Bötel-Urteil):

 

Art. 119 EWG-Vertrag und die Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10.02.75 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen stehen einer nationalen Regelung entgegen, die für eine erheblich größere Zahl von Frauen als von Männern gilt und die die Vergütung, die teilzeitbeschäftigte BR-Mitglieder von ihrem Arbeitgeber in Form von bezahlter Arbeitsfreistellung oder von Bezahlung von Überstunden bei Teilnahme an Schulungsveranstaltungen ....die über ihre individuelle Arbeitszeit hinausgeht, zu erhalten haben, auf ihre individuelle Arbeitszeit beschränkt, während vollzeitbeschäftigte BR-Mitglieder bei der Teilnahme an denselben Schulungsveranstaltungen eine Vergütung bis in Höhe der Vergütung für Vollarbeitszeit erhalten. Es bleibt dem Mitgliedstaat unbenommen, nachzuweisen, daß diese Regelung durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben.

 

Der EuGH sah also grundsätzlich ein Verstoß gegen Art. 119 EWG-Vertrag und die Richtlinie 75/117/EWG im Urteil vom BAG, der teizeitbeschäftigten Klägerin keine Vergütung über ihre Arbeitszeit hinaus zu gewähren.

 

Auszug aus dem EuGH-Urteil vom 04.06.92: "Beide Gruppen von BR-Mitgliedern wenden für die Teilnahme an den Schulungsveranstaltungen die gleiche Stundenzahl auf. Wenn jedoch die Dauer der während der betrieblichen Vollarbeitszeit veranstalteten Schulungen über die individuelle Arbeitszeit der teilzeitbeschäftigten BR-Mitglieder hinausgeht, erhalten diese vom Arbeitgeber eine niedrigere Vergütung als die vollzeitbeschäftigten Mitglieder und werden folglich unterschiedlich behandelt.....Die streitige unterschiedliche Behandlung kann insoweit nicht als durch objektive Faktoren gerechtfertigt angesehen werden, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, es sei denn, der betroffene Mitgliedstaat weist vor dem nationalen Gericht das Gegenteil nach."

 

Ein weiterer Fall ergab sich am 20.10.93. Die Klägerin, ein teilzeitbeschäftigtes BR-Mitglied, nahm an einer 5-tägigen Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG teil. Ihre individuelle Arbeitszeit von wöchentlich 30,8 Stunden wurde aufgrund der Teilnahme an einer Schulung um 7,5 Stunden überstiegen, woraufhin sie für diese 7,5 Stunden Freizeitausgleich verlangte. Das LAG vertrat, bezugnehmend auf das vom EuGH gefällte Urteil vom 04.06.92, die Meinung, daß "die Nichtgewährung des geforderten Freizeitausgleichs diskriminiere die teilzeitbeschäftigte Klägerin als Frau im Verhältnis zu den vollzeitbeschäftigten männlichen BR-Mitgliedern, ohne daß ausreichende Gründe für die Ungleichbehandlung vorlägen".

 

Auch in diesem Fall entschied das BAG gegen eine Vergütung über die individuelle Arbeitszeit hinaus. Die Ansicht, daß mit dieser Entscheidung eine Ungleichbehandlung des teilzeitbeschäftigten BR-Mitgliedes und eine Diskriminierung der Klägerin vorliegt, wurde vom BAG nicht vertreten.

 

Hierzu Schiefer:

"Entgegen der mit Entscheidung des EuGH vom 04.06.92 vertretenden Auffassung ist das BAG ist mit dem Urteil vom 20.10.93 zu dem Ergebnis gekommen, daß ein teilzeitbeschäftigten BR-Mitglied im Falle einer Teilnahme an einer ganztägigen Schulungsveranstaltung gem. § 37 VI BetrVG keinen Anspruch auf Ausgleich der Freizeit hat, die es für eine außerhalb seiner individuellen Arbeitszeit liegende Schulung aufgewandt hat. Wie zuvor bereits das LAG Baden-Würtemberg weist das BAG im einzelnen nach, daß nach der nationalen Regelung kein Anspruch auf Vergütung über die individuelle Arbeitszeit hinaus gegeben und daß hierin eine mittelbare Diskriminierung teilzeitbeschäftigter BR-Mitglieder nicht gesehen werden kann."

 

 

Das LAG Hamm hat mit dem Urteil vom 03.01.96 ebenfalls einer Klage, jedoch diesmal eines männlichen teilzeitbeschäftigten BR-Mitgliedes, abgewiesen. Der Kläger forderte desgleichen eine Vergütung für die über seine persönliche Arbeitszeit hinaus aufgewendete Zeit, aufgrund der Teilnahme an einer Ganztagsschulung. Das LAG Hamm entschied mit folgenden Worten: " Der Arbeitgeber verstößt nicht gegen Art. 119 EWG-Vertrag und der Richtlinie 75/117 EWG. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 04.06.92 ...lediglich entschieden, daß einem weiblichen teilzeitbeschäftigten BR-Mitglied ...der Lohnanspruch einer Vollzeitkraft zustehe, weil das sonst diskriminierend sei, da ...eine erheblich größere Zahl von Frauen als von Männern betroffen sei...Dem Kläger stände damit ... nur ein weiterer Lohnanspruch zu, wenn mehr Männer als Frauen teilzeitbeschäftigt ... wären."

 

Folgende Fragen sind nun näher zu betrachten, die des Entgelts und die der Gleichbehandlung von teil- und vollzeitbeschäftigten BR-Mitgliedern. Erläutern werde ich in diesem Zusammenhang die Stellungnahme des BAG und die des EuGH.

 

Art. 119 EWG-Vertrag vereinheitlicht den "Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit". Hier vertritt das BAG jedoch die Ansicht, daß bei der BR-Tätigkeit und dem Begriff Arbeitsverhältnis zu unterscheiden ist. Die BR-Tätigkeit sei keine "weisungsgebundene Dienstleistung" wie die Arbeit (ist den Anweisungen des Arbeitgebers nicht zugänglich). Das BAG geht lediglich auf die Tatsache ein, daß das BR-Amt ein unentgeltliches Ehrenamt sei, und daß die BR-Mitglieder durch sämtliche betriebsratsbedingte Arbeitszeitversäumung keine Einkommenseinbußen erleiden sollen. Es sieht hier keine Ungleichbehandlung und auch keine Geschlechtsdiskriminierung.

 

Der EuGH geht auf diese Differenzierung nicht derart ein. Für wesentlicher beurteilt er den Begriff Entgelt, welches "aufgrund des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses gewährt wird", demnach also ein Arbeitsverhältnis besteht, und das sei entscheidend. Daher "ist der Ausgleich für die Einkommenseinbuße, die bei der Teilnahme an Schulungsveranstaltungen entsteht, ... , als Entgelt im Sinne von Art. 119 anzusehen, da der Arbeitgeber sie mittelbar aufgrund des Vorgliegens eines Arbeitsverhältnisses gewährt." Daß keine Ungleichbehandlung vorliegt, vertritt das BAG mit der Begründung, daß das Lohnausfallprinzip einheitlich auf teilzeit- wie vollzeitbeschäftigte BR-Mitglieder angewandt wird. Sie werden entsprechend ihrer Arbeitszeit vergütet, wenn sie an Schulungsmaßnahmen teilnehmen. Kein BR-Mitglied hat Anspruch auf die Vergütung über die persönliche Arbeitszeit hinaus, es werde nicht die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung vergütet, sondern die ausgefallende Arbeitszeit. Der EuGH sieht hier jedoch unabweisbar eine Ungleichbehandlung, wenn die Schulungsveranstaltung im Rahmen der Arbeitszeit der vollzeitbeschäftigten, jedoch über der der teilzeitbeschäftigten BR-Mitglieder hinaus fällt. Unerheblich ist, daß sich der Zeitaufwand für Schulungen nicht unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag ergibt, sondern daß die Zeit aufgrund des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses aufgewandt wird. Außerdem vertritt er die Ansicht, daß eine gemeinschaftswidrige mittelbare Diskriminierung der weiblichen teilzeitbeschäftigten BR-Mitglieder vorliegt, da nach der amtlichen Arbeits- und Sozialstatistik wesentlich mehr Frauen als Männer teilzeitbeschäftigt sind.

 

Der EuGH sieht grundsätzlich einen Verstoß gegen Art. 119 EWG-Vertrag und der Richtlinie 75/117/EWG, es jedoch dem BAG überlassen, zu beurteilen, ob eine unterschiedliche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist.